Anhang.
Die österreichischen Verfassungsgesetze von 1867
für die im Reichsrath vertretenen Königreiche und Länder.
J.
Gesetz vom 1. August über die Verantwortlichkeit der Minister.
&6 1. Jeder Regierungsakt des Kaisers bedarf zu seiner Giltigkeit der
Gegenzeichnung eines verantwortlichen Ministers. §& 2. Die Mitglieder des Minister-
raths können vom Reichsrath zur Verantwortung gezogen werden für alle innerhalb
ihres amtlichen Wirkungskreises denselben zur Last fallenden Handlungen und Unter-
lassungen, wodurch sie vorsätzlich oder aus grober Fahrlässigkeit die Verfassung der
im Reichsratbe vertretenen Königreiche und Länder, die Landesordnung eines der-
selben oder ein anderes Gesetz verletzen. & 3. Diese Verantwortlichkeit umfaßt ins-
besondere: a) alle in die Zeit ihrer Amtsführung fallenden Akte der obersten Re-
gierungsgewalt und zwar vorzüglich die auf ihren Antrag erlassenen oder von ihnen
gegengezeichneten oder ohne Gegenzeichnung eines Minislers vollzogenen kaiserlichen
Anorduungen; b) ihre eigenen innerhalb ihres amtlichen Geschäftskreises erlassenen
Weisungen oder Besehle; c) die absichtliche Unterstützung gröblicher Pflichtverletzung
(§ 2) eines andern Ministers. § 4. Die mit der selbüständigen Leitung eines
Ministeriums betrauten Beamten sind den Ministern in Beziehung auf deren Ver-
antwortlichkeit gleichzuhalten. § 5. Die Verfolgung wegen der im allgemeinen
Strafgesetzbuche verpönten Handlungen oder Unterlassungen, welche einem Minister
zur Schuld sallen, steht in der Regel den ordentlichen Gerichten zu (§ 8). § 6.
Jeder Minister kann vor den ordentlichen Gerichten auf Ersatz desjenigen Schadens
belangt werden, den er durch eine von dem Staatsgerichtshofe als gesetzwidrig er-
kannte Amtsführung dem Staate oder einem Privaten zugefügt hat. § 7. Das
Recht zur Anklage steht jedem der beiden Häuser des Reichsraths zu. Ein hierauf
gerichteter Antrag muß schriftlich überreicht werden und im Herrenhause von 20, im
#bgebrdnetenhause von 20 Mitgliedern unterzeichnet sein. § 8. Jedes der beiden
Häuser des Reichsraths kann auch strafbare Handlungen der Minister, welche unter
das allgemeine Strasgeset fallen, soweit dieselben mit den öffentlichen Functionen