Full text: Europäischer Geschichtskalender. Achter Jahrgang. 1867. (8)

Anhaug. 303 
III. 
Staatsgrundgesetz vom 21. Derember über die allgemeinen 
Uechte der Staatsbürger. 
Art. 1. Für alle Angehörigen der im Reichsrathe vertretenen König- 
reiche und Länder besteht ein allgemeines österreichisches Staatsbürgerrecht. Das 
Gesetz bestimmt, unter welchen Bebingungen das österreichische Staatsbürgerrecht er- 
worben, ausgeübt und verloren wird. Art. 2. Vor dem Gesetze sind alle Staats- 
bürger gleich. Art. 3. Die ösfsentlichen Aemter sind für alle Staatsbürger gleich 
zugänglich. Für Ausländer wird der Eintritt in dieselben von der Erwerbung des 
österreichischen Staatsbürgerrechtes abbängig gemacht. Art. 4. Die Freizügigkeit 
der Person und des Vermögens innerhalb des Staatsgebictes unterliegt keiner Be- 
schränkung. Allen Staatsbürgern, welche in einer Gemeinde wohnen und daselbst 
von ihrem Realbesitze, Erwerbe oder Einkommen Stener entrichten, gebührt das 
active und passive Wahlrecht zur Gemeindevertretung unter denselben Bedingungen 
wie den Gemeinde-Angehörigen. Die Freiheit der Auswanderung ist von staats- 
wegen nur durch die Wehrpflicht beschränkt. Abfahrtsgelder dürfen nur in An- 
wendung, der Reciprocität erhoben werden. Art. 5. Das Eigenthum ist unverletzlich. 
Eine Enteignung gegen den Willen des Cigenthümers kann nur in den Fällen und 
in der Art eintreten, welche das Gesetz besttlmmt. Art.“ 6. Jeder Staatsbürger 
kann an jedem Orie des Staatsgebietes seinen Aufenthalt und Wohnsitz nehmen, 
Liegen schaften leder Art erwerben und über dicselben frei verfügen, sowie unter den 
gesetzlichen Bedingungen jeden Erwerbszweig ausüben. Für die tedte Hand sind 
Beschränkungen des Rechtes, Liegenschaften zu erwerben und über sie zu verfügen, 
im Wege des Gesetzes aus Gründen des öffentlichen Wohles zulässig. Art. 7. Jeder 
Unterthänigkeits= und Hörigkeilsverband ist für immer aufgehoben. Jede aus dem 
Titel des getheilten Eigenthumes auf Liegenschaften bussene, Schuldigkeit oder 
Leistung ist ablösbar, und es darf in Zukunft keine Liegenschaft mit einer derartigen 
unlösbaren Leistung belastet werden. Art. 8. Die Freiheit der Persen ist gewähr- 
leistet. Das bestehende Gesetz vom 27. October 1862 (Reichsgesevblatt Nr. 87) 
zum Schutze der persönlichen Freiheit wird hiemit als Bestandtheil dieses Staats- 
grundgesetzes erklärt. Jede gesetzwidrig verfügte oder verlängerte Verhaftung ver- 
pflichtet den Staat zum Schadenersatze an den Verletzten. Art. 9. Das Hausrecht 
ist unverletzlich. Das bestehende Gesetz vom 27. Ockober 1862 (Reichsgesetzblatt 
Nr. 88) zum Schutze des Hausrechtes wird hiemit als Bestandtheil dieses Staats- 
grundgesetzes erklärt. Art. 10. Das Briefgeheimniß darf nicht verletzt und die 
Beschlagnahme von Briefen, außer dem Falle einer gesetzlichen Verhaftung oder 
Haussuchung. nur in Kriegssällen oder auf Grund eines richterlichen Befehles in 
Gemäßheit bestehender Gesetze vorgenommen werden. Art. 11. Das Petitionsrecht 
steht Jedermann zu. Petitionen unter einem Gesamminamen dürfen nur von ge- 
setzlich anerkannten Körperschaften oder Vercinen ausgehen. Art. 12. Die öster- 
reichischen Staatsbürger haben das Recht, sich zu versammeln und Vereine zu 
bilden. Die Ausübung dieser Rechte wird durch besondere Gesetze geregelt. Art. 13. 
Jedermann hat das Recht, durch Wort, Schrift, Druck oder durch bildliche Dar- 
stellung seine Meinung innerhalb der gesetzlichen Schranken frei zu äußern. Die 
Presse darf weder unter Censur gestellt noch durch das Concessions-System beschränkt 
werden. Adminisirative Postverbote finden auf inländische Druckschriften keine An- 
wendung. Art. 1-/1. Die volle Glaubens= und Gewissensfreiheit ist Jedermann ge- 
währleistet. Der Genuß der bürgerlichen und politischen Rechte ist von dem Re- 
ligions-Bekenntnisse unabhängig; doch darf den staatsbürgerlichen Pflichten durch 
das Religions-Bekenmniß kein Abbruch geschehen. Niemand kann zu einer kirch- 
lichen Handlung oder zur Theilnahme an einer kirchlichen Feierlichkeit gezwungen 
werden, insosern er nicht der nach dem Gesetze hiezu berechtigten Gewalt eines An-
	        
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