Full text: Europäischer Geschichtskalender. Achter Jahrgang. 1867. (8)

 
36                 Preußen und der norddentsche Bund. 
wiß, dem Könige von Preußen schon im ersten Monate des 
Krieges gegen Dänemark aus freien Stücken Anerbietungen 
gemacht, welche damals zu einer vollkommenen Verständi- 
gung zwischen dem Könige und mir führten. Ein blutiger Kampf 
hat die Verfassung Deutschlands gesprengt und, obgleich wir nicht in Waffen 
standen, obgleich die innere Selbständigkecit Schleswig-Holsteins mit den 
neuen Formen, die man für Norddeutschland zu schaffen sucht, verträglich ist. 
unser Landesrecht niedergeworfen. Ich werde daher mein und des 
Landes Recht verwahren. Und wenn Nordschleswig der dem Aus- 
lande verhießene Kaufpreis ist, um an uns ein Unrecht be- 
gehen zu dürfen, so will ich wenigstens das Recht der Nord- 
schleswiger, bei Schleswig-Holstein zu bleiben, und das 
Recht Deutschlands auf Nordschleswig aufrecht erhalten. Aber 
ich bin außer Stande, das Landesrecht gegenwärtig mit Wirksamkeit zu ver- 
theidigen oder Euch gegen die Gefahren, mit welchen die Gewalt jedes that- 
sächliche Eintreten für dasselbe bedroht, zu schützen. Ich darf daher die 
Gewissen nicht beschweren und gebe Euch hiemit alle Verpflichtun- 
gen zurück, welche Ihr einzeln oder in Gemeinschaft durch Eide, Gelöbnisse 
oder Huldigungen gegen meine Person übernommen habt. Ich kann Euch 
daher auch nicht zu einem bestimmten Handeln auffordern, und es bedarf 
dessen nicht. In langen Kämpfen habt Ihr stets die Ehre des Landes auf- 
recht erhalten. Die Pflichten gegen Deutschland und Schleswig-Holstein 
werden auch in Zukunft der Leitstern Eures Handelns bleiben. Schleswig- 
Holsteiner! Was auch die Zukunft bringen möge, wir dürfen auf die Ver- 
gangenheit mit dem Bewußtsein zurückblicken, einen guten Kampf gekämpft 
zu haben. Trotz aller Verlockungen habt Ihr den alten Ruhm der Holsten- 
treue rein erhalten. Euere Treue und Liebe machten mir die Prüfungen 
dieser Jahre leicht. Die Zeit und die Wandlungen derselben werden das 
Band der Liebe und des Vertrauens, welches zwischen uns besteht, nicht 
lockern. Für alle Zeiten werde ich mit dem Glücke und Unglücke Schleswig- 
Holsteins mit allen Fasern meines Herzens verwachsen bleiben, Gott behüte 
Euch! Gott segne unser theures Vaterland!“ 
4. Jan. (Norddeutscher Bund). Die Bevollmächtigten der Staaten 
 
 
 
 
des norddeutschen Bundes treten unter dem Vorsitze des Grafen 
Bismarck behufs Feststellung des Entwurfs einer Bundesverfassung 
als Vorlage an den Reichstag neuerdings in Berlin zusammen. 
7. „ (Norddeutscher Bund). Die Wahlen zum ersten consti- 
tuirenden Reichstage des norddeutschen Bundes werden auf den 
12. Febr. angeordnet. 
8. „ (Norddeutscher Bund). Die Kreuzztg. verlangt für den 
nordd. Bund ein Staatenhaus und spricht sich für die Umwandlung 
der kleinen Bundesfürsten in Pärs des nordd. Bundesstaates und 
gegen einen Bundesrath als hemmend und unnütz aus. 
10. „ (Preußen: Nassau). Die frühern reactionären Beamten des 
Herzogs, Werren, Schepp u. s. w., die bisher von Preußen nur 
suspendirt waren, werden definitiv in Ruhestand versetzt. 
12. „ (Preußen). Abg.-Haus: Zweite Lesung des am 21. Dec. 1868 
in erster Lesung angenommenen Gesetzesentwurfs bez. Abänderung 
des Art. 69 der Verfassung und Vermehrung des Hauses um 
80 Mitgl. aus den annectirten Provinzen. Rede Gerlachs gegen
	        
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