Schweiz. 399
4. Aug. (Genf.) Eine Ersatzwahl in den Staatsrath ergibt 2597
Stimmen für den Candidaten der Independenten Collart und nur
21 für James Fazy. Da indeß die gesetzliche Zahl von 3000
Stimmen nicht erreicht wurde, so fällt die Entscheidung dem Gr.
Nathe zu.
10. „ (Genf.) Der Gr. Ratlh entscheidet bez. der Staatsrathswahl
mit 53 Stimmen für Collart; 23 radicale Mitglieder enthalten sich
der Abstimmung oder stimmen für Fazy.
2. Sept. Abhaltung eines internationalen Veterinärcongresses, der von
den meisten europ. Staaten beschickt wird, in Zürich.
2.—7. Sept. Abhaltung eines internationalen Arbeitercongresses in
Lausanne.
Derselbe isi ziemlich zahlreich besucht aus Frankreich, der Schweiz, Deutsch-
land, England und Italien, wählt zu seinem Präsidenten Dupont aus London,
zu Vicepräsidenten Eccarius aus London und Becker aus Genf und be-
schließt eine Anzahl Resolutionen, deren Spitze dahin geht, daß die gegen-
wärtige Gesellschaft in zwei Klassen zerfalle, von denen die eine die andere
ausbeute (celle des exploités ct celle des exploiteurs), daß beide Klassen
dagegen durch einc einzige dlejenige der Producenten ersetzt werden sollte und
daß die sociale Organisation in diesem Sinne modificirt werden müsse.
7. Sept. Der Bundesrath regt bei Italien die Alpenbahnfrage wieder
an. Der Schritt führt zu keinem Resultat und findet in der
Schweiz selbst rielfache Anfechtung, indem darin eine einseitige Be-
günstigung des Gotthardprojektes erblickt wird.
8. „ Garibaldi trifft. zur Theilnahme am Friedenscongresse in Genf
ein und wird mit ungeheurem Jubel empfangen. Ein aus beiden
Parteien der Stadt zusammengesetztes Comité begrüßt ihn.
9.—42. Sept. Internationaler Friedenscongreß in Genf. Derselbe
nimmt durch die Anwesenheit Garibaldi's und den Einfluß der Fran-
zosen eine entschieden revolutionäre Wendung gegen die bestehenden
Zustände Europa's, was den Widerstand der theilnehmenden Schweizer
und der Genfer Bevölkerung hervorruft. Nur mit Mühe wird die
Annahme einer Anzahl Resolutionen erzielt und das Centralcomits
muß nach Bern verlegt werden.
Schen die Eröffnungssitzung vom 9. legt den Zwiespalt zwischen der
Mehrheit der anwesenden Fremben, namentlich Franzosen, und der Minder-
heit der Schweizer an den Tag. Eine Zuschrift des Genser Staatsraths
Camperio verlangk die unbedingte und unbeschränkte Redefreiheit als unbe-
strittenes Recht auf Schweizer Boden und daß die Gesetze und die Neutralität
der Schweiz respectirt würden; Schmidlin (von Basel) verlangt, kaf die Be-
strebungen des Congresses sich innerhalb der gesetzlichen und verfassungs-
mäßigen Grenzen zu halten hätten und erregt einen gewaltigen Sturm durch
die Behauptung „jebes Volk habe nur die Regierung, die es verdiene.“"
James Fazy bekont, daß der Congreß eine friedliche Versammlung sei und
weder conspiriren noch provociren wolle. Dagegen legt Garibaldi das Gewicht
seines Ansehens in die Schaale der entgegengesetzten Partei und beäntragt eine
Reihe von Resolutionen, worunter auch die: „das Papstthum wird für ab-