400
Schwelz.
gesetzt erklärt und die Religion Goltes vom Congresse angenommen.“ Zur
Vermittlung wird der Berner Reg.-Rath Jolissaint zum Präsidenten gewählt.
In der zweiten Sitzung beantragt der Vorstand solgende Beschlüsse:
„In Anbetracht, daß die Regicrungen der großen Staaten in Curopa sich
unfähig erwiesen haben den Frieden zu erhalten, und die regelmäßige Ent-
wicklung aller moralischen und materiellen Kräfte der modernen Gesellschaft
u sichern; in Anbetracht serner, daß das Dasein und das Wachsthum der
kehenden Heere den Krieg im latenten Justand constituiren, und unverträglich
sind mit der Freiheit und Wohlfahrt aller Klassen der Gesellschaft, vorzüglich
aber mit der Arbeiterklasse — beschließt der internationale Congreß,
in dem Wunsch, den Frieden auf die Demokratie und die Freiheit zu gründen:
daß eine Friedenllga, ein wahres kosmopolitisches Bündniß (k6dération) ge-
gründet werde; daß es die Pflicht eines jeden Milgliedes dieser Liga sei, da-
hin zu arbeiten, die öfsentliche Meinung aufzuklären und zu bilden (kormer)
über das wahre Wesen der Regierung, der Vollstreckerin des allgemeinen
Willens; durch seine beständigen Bemühungen die Substitution des Systems
der Nationalmilizen an Stelle der stehenden Heere vorzubereiten; in allen
Ländern die Lage der arbeitenden und enterbten (déshéritées) Klassen auf
die Tagesordnung zu bringen, damit die individuelle und allgemeine Wohl-
fahrt die pelitische Freiheit der Bürger besestige; er beschließt serner, daß ein
permanentes Centralcomité, mit dem Sitz in Genf, beaustragt werde: 1) in-
dividuelle oder collective Zustimmungen zu Fprovociren und zu sammeln, na-
mentlich Aufrufe ergehen zu lassen an bestehende Gesellschaften oder neue zu
gründen in den verschiedenen Ländern, damit sie alle ihre Anstrengungen für
die Verbreitung der vom Friedenscongreß proclamirten Grundsätze vereinigen;
2) die zukünftigen Versammlungen des GCongresses, sei cs in Genf oder jeder
andern freien Stadt Europa's, vorzubereiten; 3) die Annalen des Congresses
zu redigiren und zu veröffentlichen; 4) zu Genf oder zu Basel ein französisch-
deutsches Blatt unter dem Titel „Die Vereinigkten Staaten von Europa“ (les
Etats-Unis d'Europe) zu gründen; die Beiträge der Mitglieder, die im
Minimum auf 10 Cent monatlich oder 1 Fr. 20 Cent. jährlich festgesetzt sind,
einzukassiren, und davon den dem gemeinsamen Werke nützlichsten Gebrauch
zu machen, vorbehaltlich der Rechnungsablage bei jeder Congreßsitzung.“
Die revolutionäre Stimmung gewinnt in dieser Sivung entschieden die
Oberhand, so daß Dupasquier (aus Neuenburg) fragt: „Bin ich auf einem
Friedens= oder Kriegscongreß? Auf zehn Kriegserklärungen höre ich nur
eine Friedenserklärung.“ An demselben Tage richten die Genfer Katholiken
einen förmlsichen Protest gegen die Haltung des Congresses an den Genser
Staatsrath und beschließt eine Volksversammlung auf den Antrag Fazy's,
den Wunsch auszusprechen, daß „der Congreß in Anbetracht der Ideen-
verwirrung und seines wenig praktischen Charakters, im Interesse des Frie-
dens, der Freihcit und der schweiz. Eidgenossenschaft keinen Beschluß fassen
möge.“ Am 11. bält Garibaldi es für angemessen, plötzlich wieder abzu-
reisen. Am 12. wurde ziemlich tumultuarisch abgestimmt und wekden die
Anträge des Comilé mit Mehrheit angenommen. Die anwesenden Schweizer,
namenltlich die Geuser protestiren. Um den Sturm zu beschwichtigen, über-
uimmt das bisherige Comilé aus eigener Machtvollkommenheit die Besug-=
nisse des permanenten Central-Comité, beschließt seinen Sitz in Bern aufzu-
schlagen und dort sein Organ in deutscher und franz. Sprache unter dem
Titel „Die Vereinigten Staaten von Europa“ herauszugeben, den nächsten
Congreß aber nach Mannheim (später nach Bern) auszuschreiben.
24. Oct. (Obwalden.) Die Landgemeinde genehmigt die ihr vorge-
schlagene Revision der Verfassung. Von etwa 2500 Anvesenden
stimmen nur 60 bis 70 für Verwerfung.