Full text: Europäischer Geschichtskalender. Achter Jahrgang. 1867. (8)

13. Griechenland. 
1. Jan. Kammer: Das neue Ministerium Komunduros legt mündlich 
sein Programm vor unter sortwährender lebhafter Zustimmung der 
Kammer. · 
Der Ministerpräsident beginnt mit einer nichts weniger als günstigen Schil- 
derung der inneren Zustände. „Die öffentliche Sicherheit, wie Ihr wißt, ist nicht 
blühend; das Ansehen der Gesetze ist verbleicht. Der finanzielle Zustand ist 
trauriger als wir es glauben konnten; in der Staatskasse befinden sich wenig 
Gelder, desto mehr werden wir von Schuldnern und Gläubigern gedrängt 
— überschwemmt. Die Armee ist in vollständiger Mangelhaftigkeit.“ Die 
auswärtigen Beziehungen betreffend erklärt der Ministerpräsident, daß es der 
Wunsch des Ministeriums sei, die freundschaftlichen Beziehungen mit allen 
Mächten zu erhalten. Allein wenn auch diese Absicht vorherrscht, und wenn 
auch das Königreich weder Unordnungen wünscht noch sie hervorruft, so gibt 
es doch Ereignisse, ganz unabhängig von seiner Thätigkeit, Unordnungen in 
den Nachbarprovinzen, die aus localen Gründen hervorgehen, für welche 
Griechenland nicht verantwortlich ist, die aber Gefahr für die Ordnung im 
Innern und für die Harmonie in den auswärtigen Beziehungen bringen 
können. „Wie ist es möglich, daß das griechische Volk unempfindlich bleibe!“ 
Hier wird der Redner durch stürmischen Beifallsruf aus der Kammer wie 
von den Gallerien unterbrochen, und fährt erst nach einer laugen Pause sort 
den Eindruck zu beschreiben, welchen die sast täglich aus Creta ankommenden 
fast nackten Weiber und Kinder auf das griechische Volk ausüben. „Niemand 
kann sich beklagen, wenn wir diesen Flüchtlingen jede mögliche Unterstützung 
gewähren. Niemand kann von der griechischen Reglerung verlangen, daß sie, 
während sie die internationalen Rechte der andern achtet, die Rechte der Neu- 
tralität des griechischen Volko mißachten soll. Und welche griechische Regie- 
rung, selbst wenn sie wollte, ist im Stande sie zu mißachten? Die Lage, in 
welche der Ausstand Creta's Griechenland gebracht hat, ist nicht ohne Gefahr, 
und selbst die Unterbrechung der diplomatischen Beziehungen mit einer be- 
freundeten Macht gehört zu den Möglichkeiten.“ 
„ Die Kammer genehmigt fast einstimmig das ihr am Tage vor- 
her vom neuen Ministerium vorgelegte Regentschaftsgesetz. 
Die Vorlage eines solchen Gesetzes wurde bei der Absicht des Königs, 
bald eine längere Reise in's Ausland zu unternehmen, schon vom abgetretenen 
Ministerium Bulgaris berathen und damals ein Regentschaftsrath in's Auge
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.