44 Preußen und der norddentsche Bund.
darauf an, den vom Abg.Hause am 30. Jan. beschlossenen Zusatz
dahin zu beschränken:
„Jede Verfügung der Staatsregierung über die Verbindungsbahn zu
Berlin, die Eisenbahn von Dittersbach nach Altwasser und von Saarbrücken
nach Saargemünd durch Beräußerung bedarf der Zustimmung der Landes-
vertretung.“
Graf Bismarck erklärt sich gegen das vom Abg.-Hause ausgestellte
Princip, indem er sich nur für bestimmt bezeichnete Bahnen, aber nicht für
alle ohne Ausnahme das Verbot der Veräußerung und das Verbot der Ver-
pachtung gar nicht gefallen lassen will: „Es könnte dieses System zu weit
führen, wenn man es einreißen ließe. Es wäre basirt auf der Fiction, daß
das materielle Wohl des Landes dem Landtage weniger am Herzen liege, als
der Regierung, und daß man nnn auf die Fürsorge der Regierung für das
Wohl des Landes die Speculation basiren könnte, ihr die Erlaubniß zur
Bewilligung nützlicher Ausgaben nur dann zu ertheilen, wenn sie diese oder
jene principielle Concession in der Verfassungs-Interpretation mache. Dem
muß die Regierung entgegentreten, so gering in diesem Falle auch der
materielle Inhalt der Frage sein mag. Die kgl. Staats-Regierung hofft, gar
nicht in die Lage zu kommen, daß sie Eisenbahn-Veräußerungen zu be-
antragen hätte, nachdem für die nächsten etwa möglichen außerordentlichen
Bedürfnisse durch Anleihen, durch Füllung des Staatsschatzes vorgesehen ist.
Sie würde außerdem nur in dem äußersten Nothfalle eine solche Maßregel
auf sich nehmen; sie will auch gar nicht daran erinnern, von welchem
Nutzen für die Politik des Auswärtigen es gewesen ist, daß nach der
Meinung der Regierung die Frage des Köln-Mindener Eisenbahn-Vertrages
nicht von den im anderen Hause geltend gemachten Bedenken berührt wurde.
Wenn wir diese Finanzquelle nicht gehabt hätten, so konnten wir die Politik
des vorigen Jahres und die des vorvorigen, in welchem diese Politik vor-
bereitet wurde, nicht durchführen ohne finanzielle Wagnisse, von denen ich
nicht weiß, ob wir sie übernommen haben würden. In der Lage, wo uns
jeder Beistand des Landtages versagt wurde zur Durchführung dieser aus-
wärtigen Politik, wo uns die Mittel für den dänischen, für den österreichischen
Krieg abgeschlagen wurden, in dem Augenblick haben wir uns zu dem
Schritt mit der Köln-Mindener Bahn entschlossen. Wir hofsen, daß ähnliche
Situationen nicht so bald wieder vorkommen werden.“
Das Haus tritt der Ansicht bei und nimmt das Gesetz nach der
Fassung der Commission an. — Debatte über das Gesetz betr. den
Schutz wahrheitsgetreuer durch die Presse erstatteter Berichte über die
parlamentarischen Verhandlungen des Reichstags des norddeutschen
Bundes:
Die Commission trägt auf Annayme des Gesetzes nach der Fassung
des Abg.-Hauses an. Graf Bismarck dagegen: „Die Staats-Regierung
glaubt in der Bewilligung der Redefreiheit dem deutschen Reichstage gegen-
über so weit gegangen zu sein, wie es von irgend einer Seite verlangt
werden kann. Etwas Anderes aber ist die Redefreiheit, etwas Anderes die
Freiheit, zu drucken, was gesprochen wird. Ich will nicht darauf hinweisen,
daß man zu einem sehr viel größeren und doch in vielen Fällen weniger
urtheilsfähigen Publikum durch die öffentlichen Blätter spricht, als von der
Tribune herab, sondern nur auf den Uebelstand, daß jede Meinung, die in
einer parlamentarischen Versammlung gesprochen wird, ihr Correctiv finden
kann in der Widerlegung, die ihr von der Tribune zu Theil wird. Dieses
Correctiv findet sie dagegen gerade dort, wo es am nothwendigsten ist, nicht;
denn in den weilen Kreisen, in denjenigen Klassen, denen die zahlreichsten
Zeitungsleser angehören, wird man selten zwei Zeitungen halten, um sich