Full text: Europäischer Geschichtskalender. Achter Jahrgang. 1867. (8)

472 Uebersicht der Ereignisse des Jahres 1867. 
Preußen, schen Macht, auf die ein Verlaß wäre, ausgedrückt. Allein die eben 
ins Amt getretene Toryverwaltung war ganz auf das neuerlich 
adoptirte System der englischen Politik, sich den Händeln des Con- 
tinents so fern wie möglich zu halten, eingegangen und gerade 
Preußen sollte schon binnen wenigen Monaten die Erfahrung machen, 
daß es seinerseits in England nur eine sehr unzuverlässige Stütze 
finden würde, wenn es sie suchen möchte. Im Innern war zwar 
gegenüber der durchaus veränderten Lage der Dinge der große 
Conflict zwischen dem Abgeordnetenhause und der Regierung durch 
die begehrte und gewährte Indemnität und durch die bedingungslose 
Genehmigung des Militäretats und damit der gesammten Armee- 
reform beigelegt worden, aber die Bitterkeit des mit allen Mitteln 
während vier voller Jahre geführten leidenschaftlichen Kampfes konnte 
unmöglich sogleich verschwinden und sich in gegenseitiges Vertrauen 
umwandeln, weder von der einen noch von der andern Seite; von 
den neu annectirten Landestheilen traten eigentlich nur Kurhessen 
und Nassau, die in der That keinerlei Ursache hatten, ihr früheres 
Regiment zurückzuwünschen, mit Freude in den größeren preußischen 
Staatsverband, während dieß von der unzweifelhaften Mehrheit der 
Bevölkerungen Hannovers und Schleswig-Holsteins, von dem mit 
ausgesuchter Härte behandelten Frankfurt gar nicht zu reden, ent- 
schieden nicht der Fall war. Von den Schleswig-Holsteinern war 
trotzdem- eine ziemlich rasche und gefahrlose Ueberleitung in das 
preußische Staatswesen mit Sicherheit zu gewärtigen, keineswegs da- 
gegen von den Hannoveranern. In Wahrheit hatten allerdings 
auch diese wenig Gründe, die Rückkehr eines Fürsten zu wünschen, 
dessen Beschränktheit mit seiner Starrköpfigkeit wetteiferte und der 
sich in eine so byzantinische Vergötterung seines Geschlechtes und 
seiner königlichen Würde verrannt hatte, daß er thatsächlich wenig- 
stens so handelte und sprach, als ob die Hannoveraner nur seinet- 
wegen auf der Welt und Gott selbst verpflichtet wärc, das Land 
seinem Stamme als eigen zu lassen „bis zum Ende der Dinge“. 
Aber im Unglück wurde ihm viel vergessen und vergeben und in die 
Verbannung folgte ihm nur Theilnahme und Mitleid, um so mehr 
als die allgemein beliebte Königin im Lande zurückgeblicben war 
und von der Marienburg aus die zahlreichen Fäden zu erhalten be- 
müht war, die das Volk mit seinem Fürstengeschlechte seit Jahr-
	        
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