Uebersicht der Ereignisse des Jahres 1867. 475
gung, so daß der Entwurf noch an diesem Tage als die dem Reichs= n#
tage zu machende Vorlage (s. S. 54) unterzeichnet werden konnte.
Nach dem allein zur Veröffentlichung gelangten Schlußprotokoll der
Conferenz (s. S. 64) scheint es nicht, daß der Entwurf innerhalb
der Regierungen zu irgend welchen wesentlichen Differenzen führte,
daß sich dieselben vielmehr in die Anforderungen der Lage ohne
Widerstreben willig ergaben; nur Oldenburg und Coburg-Gotha-
sprachen sich wenigstens im allgemeinen schon jetzt für die Einführung
vollständig constitutioneller Normen bez. des Verhältnisses der Bundes-
gewalten unter einander aus, ohne indeß darauf zu beharren; die
übrigen Regierungen beschränkten sich auf einige Seufzer bezüglich
der zu übernehmenden schweren Militärlast und auf einzelne sie
speziell berührende Interessen, die sich theilweise in Kleinlichkeiten
verliefen. Der Entwurf umfaßte der Natur der Sache gemäß die
Schaffung eines Bundesraths aus den Vertretern der Regierungen
als einer Art Bundesregierung unter der Leitung Preußens lediglich
mit einem vom König von Preußen zu ernennenden Bundeskanzler
an der Spitze ohne Verantwortlichkeit gegenüber dem Reichstage und
eines Reichstags, der aus allgemeinen und directen Wahlen hervor-
gehen sollte ohne das Gegengewicht eines Oberhauses, aber dagegen
mit Ausschluß von Diüten für die Abgeordneten — die Herstellung
einer gemeinsamen diplomatischen und Consular-Vertretung in der
Hand des Königs von Preußen, ohne jedoch dasselbe den einzelnen
Bundesfürsten bisher zugestandene Recht ihnen zu entziehen oder es
auch nur zu beschränken — die Organisation eines gemeinsamen
Bundesheers und einer gemeinsamen Marine entschieden in der Hand
der Krone Preußen und im genauesten Anschluß an die militärischen
Einrichtungen Preußens — endlich die Feststellung einer Reihe der
wichtigsten materiellen Interessen, die für gemeinsame erklärt und
dem Belieben der Einzelstaaten entzogen wurden: die gesammte Zoll-
und Handelsgesetzgebung sowie eine Anzahl indirecter Steuern, das
Eisenbahn-, Post= und Telegraphenwesen, gemeinsames Indigenat,
Bestimmungen über Freizügigkeit, Heimaths= und Niederlassungsver-
hältnisse, das gesammte Gewerbswesen, die Ordnung des Maß-,
Münz= und Gewichtsystems, des Bankwesens, des Papiergeldes und
eine Reihe anderer über die Interessen der Einzelstaaten entschieden
hinausgreifender Angelegenheiten. Die Finanzen des Bundes wurden