Full text: Europäischer Geschichtskalender. Achter Jahrgang. 1867. (8)

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Nebersicht der Ereignisse des Jahres 1667. 
Oester= spielen sollte. Die ganze Conception war von Anfang an nicht 
lebensfähig, die Elemente, auf die er gestützt werden sollte, waren 
überall viel zu schwach, um auch nur dem ersten Sturm zu wider- 
stehen, geschweige denn einer so furchtbaren Niederlage, wie sie das 
Jahr 1866 dem ganzen Staate brachte. Oesterreich stand am Rande 
des Abgrundes und instinctmäßig ging durch die gesammte deutsche 
Bevölkerung, unzweifelhaft den gebildetsten und vermöglichsten Theil, 
den eigentlichen Kern des Ganzen, das Gefühl, daß das Reich un- 
ausweichlich untergehen werde oder daß endlich mit der ganzen Ver- 
gangenheit, mit all den ererbten Uebelständen ein für alle Mal ganz 
und definitiv gebrochen und der Staat durch und durch zum modernen 
Staat umgewandelt werden müsse. Zwar vermochten Belcredi und 
seine Partei nochmals, am 2. Januar 1867, den Kaiser, ein Patent 
zu erlassen, durch welches ein sog. außerordentlicher Reichsrath ein- 
berufen wurde, der, in willkürlicher Abänderung der Landesver- 
fassungen, den slavischen und feudalen Elementen in einer Ver- 
sammlung das Uebergewicht geben sollte, welche die Verfassungsver- 
hältnisse des Reichs als eine Art constituirender Reichstag ordnen 
sollte. Da aber zu diesem Ende hin auch für die Einzellandtage, 
aus denen erst der Reichsrath hervorgeht, Neuwahlen angeordnet 
wurden, so hatte die öffentliche Meinung Gelegenheit, sich sofort und 
in berechtigter Weise auszusprechen und wurde die Regierung sofort 
inne, daß die gesammte deutsche Bevölkerung sich gegen die letzten 
Absichten Belcredis wie ein Mann erheben und die reindeutschen 
Kernprovinzen zweifelsohne die Wahlen in diesen außerordentlichen 
Reichsrath geradezu verweigern würden. 
Dazu kam noch ein anderes Moment. Wenn die Verfassungs- 
verhältnisse der diesseitigen Reichshälste definitiv geordnet werden 
sollten, so mußten es selbstverständlich zugleich auch diejenigen Un- 
garns werden und eben deßhalb hatte ja auch das Ministerium 
Belcredi den Ausgleich mit Ungarn schon seit längerer Zeit einge- 
leitet, ohne indeß zu einem wirklichen Resultate zu kommen, weil es 
eben nur die ihm verwandten Elemente der alt-conservativen Partei 
heranzog, die in Ungarn ohne irgend entscheidenden Einfluß waren. 
Um dahin zu gelangen, mußte vielmehr mit der Mgjorität des un- 
garischen Reichstags selber unterhandelt werden und dazu hatte sich 
denn auch das Ministerium in Wien endlich entschlossen. Ein Mit-
	        
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