Full text: Europäischer Geschichtskalender. Achter Jahrgang. 1867. (8)

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Ucbersicht der Ercignisse des Jahres 1867. 
England. und da einer zusammen, stürzen, von Krisen und Stürmen ergriffen, 
ihrer zuweilen selbst ganze Reihen, so stehen sie doch bald wieder 
auf oder es treten andere an ihre Stelle. Und sie alle drängen 
nach und dringen vor. Das Ende aber kann nicht zweifelhaft sein, 
aus dem einfachen, schon erwähnten Grunde, weil der Grundbesitz 
innerhalb der staatlich gegebenen Grenzen ein beschränkter und wenig- 
stens keiner wesentlichen Vermehrung fähig ist, während die Schaf- 
fung der mobilen Werthe keine solchen Grenzen kennt. Nirgends 
aber können die Erscheinungen dieser unausweichlichen Entwickelung 
schärfer und deutlicher beobachtet werden als in England. Die erste 
Reformacte öffnete die Pforte des Parlaments den ersten Baumwoll-= 
lords und schon 1867 wurde von den Tories die Nothwendigkeit 
erkannt, die bereits erweiterten Pforten noch viel weiter zu öffnen, 
so weit, daß demnächst wohl die ersten nicht mehr aristokratischen 
Elemente durch sie ihren Einzug halten werden, während vielleicht 
langsam, aber fort und fort andere nachdrängen. Die Bewegung 
und Entwickelung künstlich aufzuhalten, ihren Gang wenigstens lang- 
samer zu machen, wurde mehr instinktmäßig als bewußt, lange ver- 
sucht. Aber gleich jene ersten neuen Elemente, die die Neformacte 
von 1832 in's Parlament geführt, nahmen jene gewaltige Agitation 
gegen die Kornzölle in die Hand und zwangen sie durch bis zur 
Anerkennung des Freihandelsprincips und der Gewerbefreiheit, die 
all jenen Versuchen, all jenen künstlichen Schranken ein Ende machen 
und die heute einen der Grundsteine brittischer Politik bilden und 
mit Nothwendigkeit von der ersten zur zweiten Reformacte, derjenigen 
von 1867., leiteten. England, einst eine Monarchie wie die Me- 
narchien des Continents, war binnen anderthalb Jahrhunderten that- 
sächlich eine Aristokratie geworden und jetzt ist es uns vergönnt, 
dem nicht minder großartigen Schauspiel beizuwohnen, wie auch die 
Aristokratie wieder neuen Elementen zu weichen beginnt. 
Wie es ein Irrthum war, England noch immer für eine 
Monarchie zu halten, nachdem es in Wahrheit längst schon in eine 
Aristokratie sich umgewandelt hatte, ebenso wesentlich irrthümlich war 
es, das Schwergewicht des englischen Regierungsmechanismus im 
Unterhause zu suchen. Auch darin trügte bis auf einen gewissen 
Grad ganz entschieden der Schein und die allerdings unläugbare 
Thatsache, daß die Ministerien aus den wechselnden Majoritäten im
	        
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