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ELEIIIIAQMII 1867.
s hatte der Prager Friede diese den Uebergriffen Preußens zu ent-
reich. ziehen gesucht, jener Friede war zwischen Oesterreich und Preußen
abgeschlossen worden und Oesterreich hatte somit ein Recht, sich Preußen
gegenüber auf diesen Frieden und seine Bestimmungen zu berufen,
was Frankreich wenigstens formell nicht zustand. Und ferner: hatte
auch Oesterreich wirklich und aufrichtig auf seine frühere Stellung
in Deutschland verzichtet, so war ihm doch dieser Verzicht ein sehr
schmerzlicher gewesen und zwar nicht bloß der österreichischen Regie-
rung, sondern namentlich auch dem deutsch-österreichischen Volke. Die
furchtbare Niederlage, die Oesterreich bei Königgrätz von seinem alten
Rivalen erlitten hat, ist nicht bloß von der österr. Regierung, sen-
dern auch vom deutsch-österreichischen Volke schwer empfunden wor-
den, obgleich sie ihm schließlich zum Vortheile ausschlug und zu bes-
seren inneren Zuständen verhalf, die es sich ohne sie vielleicht noch
lange nicht zu erringen vermocht hätte. Eine Rivalität, die damit
begonnen hat, daß Preußen unter einem großen König, aber unter
den nichtigsten Vorwänden sich gewaltsam einer bisher österr. Pre-
vinz bemächtigte und die sich seither mit wechselndem Erfolge wäh-
rend eines ganzen langen Jahrhunderts fortgesponnen hat, konnte
überhaupt von den Gemüthern unmöglich so schnell vergessen und bei
Seite gelegt werden, hüben so wenig als drüben. So lange die
Frage zwischen Oesterreich und Preußen noch nicht gänzlich gelöst
ist, so lange beide doch nur wieder oder immer noch gegenseitig auf
dem Fuße zweier Großmächte stehen, die sich nach Bismarcks Aus-
druck „keiner besonderen Intimität erfreuen“, so lange nicht ein
neues Verhältniß zwischen beiden gesunden ist, ein neues, festes Vand,
das, auf der festen Grundlage der nationalen Gemeinschaft ruhend,
den Interessen des einen wie des andern gleichmäßig entspricht, so
lange ist die süddeutsche Frage für Oesterreich unzweifelhalt und
naturgemäß eine Frage ersten Ranges, eine solche, die in mehr als
einer Beziehung geradezu mit seinen Existenzfragen zusammenhängt.
Genau wie Frankreich hatte daher Oesterreich ein und zwar
sehr lebhaftes Interesse, die süddeutsche Frage vorerst intact zu er-
halten und ihre Lösung zum allermindesten so lange wie möglich
hinauszuschieben. Es mag dahin gestellt bleiben, ob und wie weit
Oesterreich von den Schutz= und Trutzbündnissen vom August 1866
schon vorher Kenntniß erlangte; so viel ist dagegen außer Zweifel,