Full text: Europäischer Geschichtskalender. Achter Jahrgang. 1867. (8)

Aebersicht der Ertignisse des Aahrts 1867. 535 
daß es von ihrer offiziellen Bekanntmachung im März 1867 gleich Preußen 
wie Frankreich unangenehm berührt wurde. Aber während Frank--ihet 
reich für gut fand, die Thatsache seinerseits mit Stillschweigen zu 
übergehn, mit dem geheimen Troste, den Gegenzug bereits vorbe- 
reitet zu haben (die Schutz= und Trutzbündnisse wurden in Berlin 
am 19. März veröffentlicht und am 20. oder 21. erfolgte im Haag 
der Abschluß des Vertrags bez. Einverleibung Luxemburgs in Frank- 
reich), so war dagegen Oesterreich berechtigt und in der Lage, sich 
darüber offen auszusprechen. Es protestirte nicht, aber es erklärte 
unumwunden, daß es sich in seinen Interessen durch dieselben ver- 
letzt fühle und daß es allerdings zu protestiren formell und mate- 
riell berechtigt wäre (s. S. 255). Der Gegenzug Frankreichs, die 
Luxemburger Frage, gab ihm Gelegenheit, sich noch deutlicher und 
noch offener auszusprechen. Bayern meinte schon damals, Ende 
März 1867, „bei den bloßen Allianzverträgen der einzelnen südd. 
Staaten mit Preußen nicht lange mehr stehen bleiben zu können“ 
und Fürst Hohenlohe trug sich daher schon damals mit dem Ge- 
danken der Errichtung eines neuen Staatenbundes zwischen den südd. 
Staaten und dem nordd. Bunde, und einer völkerrechtlichen Allianz 
zwischen diesem neuen Staatenbunde und Oesterreich. Die Idee des 
Staatenbundes ist für Deutschland entschieden ein überwundener 
Standpunkt und der Plan des Fürsten Hohenlohe hatte und hat 
daher sicherlich keinerlei Aussicht auf eine Verwirklichung für die 
Dauer. Nur als Uebergangsstadium ließ er sich allenfalls denken, 
in jedem Fall war er aber wohlgemeint, auch gegenüber Oesterreich. 
Fürst Hohenlohe legte ihn daher durch den bayerischen Gesandten in 
Wien dem Frhrn. v. Beust vor. Die Antwort lautete indeß nicht 
ermuthigend, ist aber sehr charakteristisch (s. S. 257 u. 263). Zu- 
nächst erklärte, ganz wie früher und vor dem Kriege Preußen den 
Mittelstaaten gegenüber es wiederholt gethan hatte, so nun auch 
Oesterreich gegenüber Bayern verständlich genug: „In Verhältnisse, 
die uns Verbindlichkeiten und Lasten ohne die vollste Gegenleistung 
auflegen würden, kann sich der Kaiserstaat selbst zu Gunsten seiner 
ehemaligen deutschen Bundesgenossen nicht mehr einlassen“, und be- 
merkte weiterhin speciell zu Handen Bayerns nicht minder deutlich: 
„Unsere Wünsche für das Wohl Bayerns sind aufrichtig, aber wenn 
Fürst Hohenlohe etwa dazu hinneigen sollte, jene Nolle des Ver-
	        
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