Full text: Europäischer Geschichtskalender. Achter Jahrgang. 1867. (8)

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Uebersicht der Erelgnisse des Jahres 1867. 
Preußen mittelns zwischen Oesterreich und Preußen wieder aufzunehmen, so 
u. Oester- 
reich. 
kann ich Ew. für jetzt in der That nicht dazu auffordern, den kgl. 
bayer. Hrn. Minister hierin zu ermuthigen.“ Bezüglich der Haupt- 
frage aber lautete die Antwort Oesterreichs ablehnend, indem Oester- 
reich seinen Standpunkt bestimmt genug dahin präcifirte: „Weder 
Leidenschaften, noch Gefühle, noch historische Erinnerungen werden 
unsere künftigen Entschlüsse bestimmen, sondern es wird uns in erster 
Linie auf die Sicherheit und in zweiter Linie auf den Vortkheil der 
österr. Monarchie ankommen.“ Diese Antwort war eben so correch 
als zutreffend. Der alte Staatenbund vor 1866 entsprach wehl den 
particularistischen Anschauungen und den dynastischen Souveränetäts- 
interessen der Mittelstaaten, aber keineswegs den Interessen der beiden 
Großstaaten, Oestereichs im Grunde so wenig als Preußens und 
dieses zeigte denn auch ebenso wenig Neigung als jenes, auf 
die erneuerte Jdee Bayerns in dieser Beziehung einzugehen. Oester- 
reich aber fand bald darauf Gelegenheit, sich darüber einläßlicher 
zu äußern und zwar nunmehr nicht bloß gegenüber Bayern, 
sondern auch gegenüber Preußen. Unmittelbar nach den geschil- 
derten Communicationen rerdüsterte sich der politische Horizont 
Europas: die Luxemburger Frage reifte schnell einer entschei- 
denden Krisis entgegen, Frankreich konnte seiner ganzen inneren 
und äußeren Lage nach die Angelegenheit unmöglich mehr einfach 
fallen lassen und wollte es auch nicht, überzeugt, wenn nicht alles 
wenigstens etwas, die Näumung Luxemburgs von Seite Preußens, zu 
erzielen; Preußen aber schien bis Mitte April entschlossen, nicht zu 
weichen und es nöthigenfalls auf einen Entscheid der Waffen an- 
kommen zu lassen. Die Ansichten und Stimmungen in Süddeutsch- 
land gingen auseinander. Die particularistischen, Preußen entweder 
feindlichen oder doch abgeneigten Kreise und deren Organe erhoben 
den größten Lärm, Preußen dürfe und könne nicht zurückweichen, 
dürfe und könne das deutsche Luxemburg nicht preisgeben u. dgl.; 
die nationalgesinnten Elemente waren entschlossen, aufrichtig zu Preußen 
zu siehen und fanden ihren Ausdruck in den Erklärungen einer Mehr- 
heit der bayerischen und badischen Abgeordnetenkammern; die Regie- 
rungen waren in Verlegenheit und fühlten plötzlich die Consequenzen 
der unsicheren Lage, die ihnen der Prager Friede bereitet hatte und 
auf die sie ihrerseits eingegangen waren. Man konnte nicht wissen,
	        
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