58 Preußen und der norddeutsche Bund.
Art. 27. Die Mitglieder des Reichstages sind Vertreter des gesammten Volkes
und an Aufträge und Instructionen nicht gebunden. Art. 28. Kein Mit-
glied des Reichstages darf zu irgend einer Zeit wegen seiner Abstimmung
oder wegen der in Ausübung seines Berufes gethanen Aeußerungen gericht-
lich oder disciplinarisch verfolgt oder sonst außerhalb der Versammlung zur
Verantwortung gezogen werden. Art. 29. Die Mitglieder des Reichstages
dürfen als solche keine Besoldung oder Entschädigung beziehen.
VI. Zoll= und Handelswesen. Art. 30. Der Bund bildet ein Zoll-
und Handelsgebiet, umgeben von gemeinschaftlicher Zollgränze. Ausgeschlossen
bleiben die wegen ihrer Lage zur Einschließung in die Zollgränze nicht ge-
eigneten einzelnen Gebietstheile. Alle Gegenstände, welche im freien Verkehre
eines Bundesstaates befindlich sind, können in jeden anderen Bundesstaat ein-
geführt und dürsen in letzterem einer Abgabe nur in so weit unterworfen
werden, als daselbst gleichartige inländische Erzeugnisse einer inneren Steuer
unterliegen. Art. 31. Die Hansestädte Lübeck, Bremen und Hamburg mit
einem dem Zwecke entsprechenden Bezirke ihres oder des umliegenden Gebietes
bleiben als Freihäfen außerhalb der gemeinschaftlichen Zollgränze, bis sie
ihren Einschluß in dieselbe beantragen. Art. 32. Der Bund ausschließlich
hat die Gesetzgebung über das gesammte Zollwesen, über die-Besteuerung des
Verbrauches von einheimischem Zucker, Branntwein, Salz, Bier und Tabak,
so wie über die Maßregeln, welche in den Zollausschlüssen zur Sicherung
der gemeinschaftlichen Zollgränze erforderlich sind. Art. 33. Die Erhebung
und Verwaltung der Zölle und Verbrauchssteuern (Art. 32) blelbt jedem
Bundesstaate, so weit derselbe sie bisher ausgeübt hat, innerhalb seines Ge-
bietes überlassen. Das Bundes-Präsidium überwacht die Einhaltung des
gesetzlichen Verfahrens durch Bundesbeamte, welche es den Zoll= oder Steuer-
Aemtern und den Directivbehörden der einzelnen Staaten, nach Vernehmung
des Ausschusses des Bundesrathes für Zoll= und Steuerwesen, beiordnet.
Art. 34. Der Bundesrath beschließt 1. über die dem Reichstage vorzulegenden
oder von demselben angenommenen, unter die Bestimmung des Art. 32
fallenden gesetzlichen Anordnungen, einschließlich der Handels= und Schiff-
fahrtsverträge; 2. über die zur Ausführung der gemeinschaftlichen Gesetzgebung
(Art. 32) dienenden Verwaltungs-Vorschriften und Einrichtungen; 3. über
Mängel, welche bei der Ausführung der gemeinschaftlichen Gesetzgebung
(Art. 32) hervortreten; 4. über die von seiner Rechnungsbehörde ihm vor-
gelegte schließliche Feststellung der in die Bundescasse fließenden Abgaben
(Art. 36). Jeder über die Gegenstände zu 1 bis 3 von einem Bundesstaate
oder über die Gegenstände zu 3 von einem controlirenden Beamten bei dem
Bundesrathe gestellte Antrag unterliegt der gemeinschaftlichen Beschlußnahme.
Im Falle der Meinungsverschiedenheit gibt die Stimme des Präsidiums bei
den zu 1 und 2 bezeichneten alsdann den Ausschlag, wenn sie sich für Auf-
rechthaltung der bestehenden Vorschrift oder Einrichtung ausspricht, in allen
übrigen Fällen entscheidet die Mehrheit der Stimmen nach dem in Art. 6
dieser Verfassung festgestellten Stimmverhältniß. Art. 35. Der Ertrag der
Zölle und der in Art. 32 bezeichneten Verbrauchs-Abgaben fließt in die
Bundescasse. Dieser Ertrag besteht aus der gesammten von den Zöllen und
Verbrauchs-Abgaben aufgekommenen Einnahme nach Abzug 1. der auf Ge-
setzen oder allgemeinen Verwaltungs-Vorschristen beruhenden Steuer-Ver-
gütungen und Ermäßigungen; 2. der Erhebungs= und Verwaltungskosten,
und zwar: a) bei den Zöllen und der Steuer von inländischem Zucker, so
weit diese Kosten nach den Verabredungen unter den Mitgliedern des deutschen
Zoll= und Handels-Vereins der Gemeinschaft aufgerechnet werden konnten,
b) bei den übrigen Steuern mit 15 pCt. der Gesammt-Einnahme. Die
außerhalb der gemeinschaftlichen Zollgränze liegenden Gebiete tragen zu den
Bundes-Ausgaben durch Zahlung eines Aversums bei. Art. 36. Die von
den Erhebungsbehörden der Bundesstaaten nach Ablauf eines jeden Viertel-