Preußen und der norddeutsche Bund. 67
schwebenden Fragen keinerlei Hindernisse bereiten möchte, aus diesen Mei-
nungsabweichungen keinen Grund ableiten zu dürfen, mit der Zustimmung
zur Vorlegung des Entwurfs an den Reichstag zurückzuhalten.
Der herzoglich braunschweigische Bevollmächtigte erklärte: Ob-
wohl die herzogliche Regierung mit verschiedenen wichtigen Bestimmungen des
Bundesverfassungs-Entwurfs, wie derselbe sich nach den abgegebenen könig-
lich preußischen Erklärungen gestalten wird, nicht einverstanden ist, so habe
ich gleichwohl, um das Zustandekommen des Verfassungswerkes nicht zu
stören, mich für berechtigt gehalten, die im Hauptprotocolle vom heutigen
Tage ausgesprochene zustimmende Erklärung zu dem Bundesverfassungs-
Entwurfe, wie derselbe in Folge der königlich preußischen Erklärungen nun-
mehr lauten wird, abzugeben. Ich habe bei dieser zustimmenden Erklärung
jedoch zwelerlei zu befürworten: 1) daß von der dem Bundesfeldherrn im
Verfassungs-Entwurfe beigelegten Befugniß, innerhalb des Bundesgebietes
die Garnisonen zu bestimmen, nur ausnahmsweise, z. B. in Veranlassung
größerer Uebungen, oder wenn aus höäöheren militärischen Rücksichten zur
Erhaltung der vollen Kriegstüchtigkeit der betreffenden Truppentheile ein
Wechsel- der Garnison nothwendig wird, werde Gebrauch gemacht werden,
so wie 2) daß es nicht ausgeschlossen sei, auf diejenigen, das Verfassungs-
werk selbst nicht berührenden Punkte zurückzukommen, welche von mir Na-
mens meiner Regierung in einer an Se. Excellenz den königlichen Minister-
Präsidenten und Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Herrn Grafen
von Bismarck, gerichteten Note vom 9. v. Mts. erörtert sind und auf welche
ich bis jetzt mit hochgefälliger Rückäußerung nicht versehen bin.
Der herzoglich sachsen-meiningen'sche Bevollmächtigte erklärte:
Die herzogliche Regierung zollt dem Entwurfe der Verfassung des nord-
deutschen Bundes, in so weit derselbe die Machterweiterung Deutschlands
durch Centralisirung der Kräste unter der Leitung der Krone Preußen be-
zweckt, ihren vollen Beifall. Die Abwendung einer die kleinen deutschen
Staaten erdrückenden Steuerlast, welche der Entwurf zur Deckung der
Militär= und Marine-Ausgaben befürchten läßt, wird, wie die herzogliche
Regierung hofft, von den verbündeten Regierungen als eine gemeinschaftlich
zu lösende Aufgabe betrachtet werden. Da zur Zeit von Seiten Preußens
weitere Aenderungen des Entwurfs als in den angenommenen Amendements
bereits Statt gefunden haben, entschieden abgelehnt worden sind, so sieht der
Bevollmächtigte der herzoglichen Regierung den Verfassungs-Entwurf nun-
mehr als sestgestellt Behufs Vorlage an den Reichstag an.
Der herzoglich sachsen-gothaische Bevollmächtigte gab folgende
Erklärung ab: Die herzogliche Regierung begrüßt mit lebhafter Freude die
festere Einigung und die dadurch bedingte Machtverstärkung, welche die jetzt
durchberathene Verfassung, wenn auch zunächst nur den nördlichen Staaten
Deutschlands, gewährt; sie erkennt in der ausschließlichen Uebertragung der
Präsidial-Befugnisse an die große deutsche Macht eine Garantie für die ge-
deihliche Entwicklung der neuen Bundesverhältnisse, und würde ihrerseits
einer noch weiteren Ausdehnung dieser Befugnisse bis zur Schaffung einer
einheitlichen Centralgewalt gern ihre Zustimmung ertheilt und ein genügendes
Aequivalent für die größeren Opfer von Souverainetätsrechten darin gefunden
haben, wenn einem mit den wesentlichsten constitutionellen Rechten ausge-
statteten Reichstage ein gleichberechtigtes Fürstenhaus an die Seite gestellt
worden wäre. Gegen die Bestimmungen des Verfassungs-Entwurfs im Ein-
zelnen gehen ihr allerdings mehrfache Bedenken bei, die erheblichsten gegen
die Höhe der für militärische Zwecke gestellten Anforderungen, denen für die
Dauer durch erhöhte Besteuerung Genüge zu leisten die Mehrzahl der
kleineren Staaten und unter diesen auch die Herzogthümer Coburg und
Gotha, außer Stande sein werden. Nachdem jedoch Seitens der königlich
preußischen Regierung die bestimmte Erklärung abgegeben worden, daß sie
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