Preußen und der norddeutsche Bund. 69
ausdrücklich darauf bingewiesen werden, daß — wie es wiederum in der
Natur der wesentlich städtischen Bevölkerung des hamburgischen Staates
liegt — auch bei Normirung des Contingent-Etats ohne Einrechnung der
Fremden aller Wahrscheinlichkeit nach unter den jährlich in das dienstpflichtige
Alter tretenden Einheimischen eine genügende Anzahl Diensttüchtiger zur
Completirung des. 1 procent. Etats nicht vorhanden sein dürste. 6) Zu
Art. 58. Dem sofortigen Inkrafttreten der gesammten preußischen Militär-
gesetzgebung wird unter der als selbstverständlich angesehenen Voraussetzung
beigestimmt, daß den Bestimmungen über Aufhebung. Dienstverpflichtung,
Präsenzzeit, Ausschluß der Stellvertretung ect. keine rückwirkende Kraft in
Bezug auf diejenigen Pflichtigen beigelegt werde, welche Jahrgängen ange-
hören, die bei Eintritt der neuen Verfassung auf Grund der bisherigen Ver-
fassung bereits zur Aushebung gekommen waren. — Auch werden, wenn
die Interessen des deutschen Handels und Gewerbefleißes in Verkehr mit den
überseeischen Staaten nicht geschädigt werden sollen, die erforderlichen Modi-
ficatonen der betreffenden Bestimmungen eintreten müssen, um jungen Leuten
die Uebersiedelung nach jenen Ländern und die Begründung von Handels-
Etablissements daselbst zu ermöglichen. 7) Zu Art. 68 darf vorausgesetzt
werden, daß, wenn Streitigkeiten zwischen Bundesstaaten an den Bundes-
rath gelangen, bieser dieselben, falls eine Ausglelchung nicht gelingen sollte,
an ein Austrägalgericht verweisen werde, und daß die streitenden Theile bei
den desfallsigen Beschlüssen des Bundesrathes auf ihre Stimmen verzichten
werden.
Die Bevollmächtigten für Lübeck und Bremen schlossen sich den vor-
stehenden, von dem hamburgischen Bevollmächtigten zu Art. 36, 57 und 58
abgegebenen Erklärungen an.
Sodann nahm der königlich sächsische Bevollmächtigte noch einmal
das Wort, um zu erklären, daß zwar auch er gegen verschiedene Besiim-
mungen des heute angenommenen Verfassungs-Entwurfs manche Bedenken
hege, dieselben auch während der Discussion wiederholt zur Sprache gebracht
habe, aber, in der Hoffnung einer gedeihlichen Entwicklung des norddeutschen
Bundes, von einer Wiederholung jener Bedenken und einer Wahrung be-
sonderer Wünsche und Interessen hier abstehen wolle.
GEnpdlich gab der königlich preußische Bevollmächtigte folgende Er-
klärung ab: Zu Art. 33 und 36. Die königlich preußische Regierung ist
damit einverstanden, daß bis zur Einführung eines gleichmäßigen Satzes für
die Braumalzsteuer in sämmtlichen Bundesstaaten der Ertrag dieser Steuer,
in so weit derselbe aus einem höheren Steuersatze als dem gegenwärtig in
Preußen bestehenden hervorgeht, den Staatskassen der Einzelstaaten verbleibt.
Doch darf der freie Verkehr dadurch nicht gestört, namentlich eine Ueber-
gangs-Abgabe beim Verkehr mit Bier nicht erhoben werden. Zu Art. 47.
Die gemeinsame Organisation des Postwesens innerhalb des norddeutschen
Bundes wird vom 1. Januar 1868 an ins Leben treten. Zu Art. 49.
Unter dem Ausdrucke „Verwaltungs-Behörden“ sind nur die in den einzelnen
Staaten bestehenden oder noch zu errichtenden oberen verwaltenden Behörden
(z. B. die Ober-Post-Direction in Leipzig ect.) im Gegensatz zu den eigent-
lichen technischen Betriebsstellen zu verstehen. Zu Art. 52. Es ist selbst-
verständlich, daß den einzelnen Staaten ihre bisherigen Flaggen so lange
belassen werden, bis nicht nur die völkerrechtliche Anerkennung der neuen
Bundesflagge, sondern auch die Uebertragung aller Rechte, welche bisher in
außerdeutschen und außereuropäischen Ländern den einzelnen Flaggen zuge-
standen waren, auf die neue Flagge sichergestellt sein wird. Zu Art. 53.
Es wird den einzelnen Regierungen unverwehrt sein, den Bundes-Consuln
Aufträge zu ertheilen und Berichte von ihnen einzuziehen. Ueber die
Errichtung von Consulaten an außereuropäischen Plätzen, über die Besetzung
derselben und über die Befugniß derselben zur Erhebung von Gebühren