Full text: Europäischer Geschichtskalender. Achter Jahrgang. 1867. (8)

                 Preußen und der norddeutsche Bund.    73 
Rede Miquels (für den Entwurf, aber auch nur unter Wahrung des 
Budgetrechtes und mit voller Rücksicht auf Südbeutschland: Gehen 
wir auf den Bund selber, auf seine räumliche Ausdehnung ein, so müssen 
wir uns fragen, ob wir es rechtfertigen können, einen Bund zu schaffen nur 
für Norddeutschland, und Süddeutschland auszuschließen. Uns, meine Herren, 
wenigstens Vielen von uns, war die Mainlinie immer ein schreckliches Ge- 
spenst, wir fürchteten den Dualismus in Deutschland viel mehr als die Viel- 
heit, wir wollten lieber den Föderalismus, weil er die Einheit möglich machte 
für die Zukunft, als den Dualismus, weil wir fürchteten, er werde die 
wahre Einheit Deutschlands unmöglich machen. Die Mainlinie hat aber auf- 
gehört, Gespenst zu sein, sie ist eine praktisch politische, ja, sie ist eine heilsame 
Nothwendigkeit. Die heutige Mainlinie ist keine Scheidung zwischen zwei 
Machtgebieten, zwischen Preußen und Oesterreich, sie isi gewisser Maßen eine 
Haltestelle für uns, wo wir Wasser und Kohlen einnehmen, 
Athem schöpfen, um nächstens weiter zu gehen. (Beifall, Zischen 
links.) Aber wir dürfen den Entwurf nicht für die Zukunft, er muß prak- 
tisch für die Gegenwart, für Norddeutschland geschaffen werden. Der Bund, 
den wir schaffen, muß ein definitiver für jetzt sein; noch können wir Zeit 
und Umstände nicht überschen, in denen Süddeutschland ihm beitreien wird. 
„Locken“, wie der Herr Vorredner sich ausgedrückt hat, wollen wir die Süd- 
deutschen nicht. Wenn ihre eigenen nationalen Lebensbedingungen, wenn 
Sicherheit und Garantie einer friedlichen Cultur-Entwicklung, wenn das Ge- 
fühl der Einheit in Sprache und Sitte, in Denkungsart und Geschichte die 
Süddeutschen nicht an uns heranzieht, dann werden wir sie nicht locken da- 
durch, daß wir eine oder die andere Freiheitsbestimmung in den Entwurf 
aufnehmen. Nur eine Feste, die auch die Außenbürger beschützt, kann uns 
Süddeutschland erobern. Dennoch, meine Herren, würde ich mich nicht be- 
gnügen mit dem, was der Entwurf bietet bezüglich Süddeutschlands. Der 
Nikolsburger Friedensvertrag garantirt zwar nur ein internationales Ver- 
hältniß zwischen Nord= und Süddentschland, gleichwie es in anderer Form 
der Friede von Villafranca that. Aber eben so, wie das italienische Volk 
über den letzteren zur Tagesordnung übergegangen ist, so werden auch wir 
es thun, die wir aus eigener Kraft die Einheit begründen, unbekümmert um 
den Willen des Auslandes. Keine Macht des Auslandes soll uns daran 
hindern. Wir vertrauen zwar, daß man das Recht jeder Nation, sich selbst 
zu constituiren, und da, wo eine nationale Einheit vorhanden ist, ein Ein- 
heitsgebäude zu errichten anerkennen und achten wird, wir vertrauen zwar, 
daß der Kaiser der Franzosen und die besonnene Partei in Frankreich stark 
genug sein werden, Leidenschaften zu überwinden, aber wir vertrauen auch, 
wenn es sein muß, auf unsere Wehr und Waffen, um unsere Rechte und 
unseren Willen zur Geltung zu bringen. Ich will damit nicht den sosortigen 
Eintritt Süddeutschlands fordern, ces hängt das von uns nicht ab. Wir 
müssen nur deutlich zu erkennen geben, baß wir bereit sind, diese Verfassung 
nach Bedürfniß dann zu ändern, wenn Süddeutschland mit denselben Opfern, 
wie wir, in den Bund eintreten will. ... 
9. März. (Preußen: Kurhessen und Nassau). Hr. v. Diest wird zum 
11. 
Reg.-Präs. in Wiesbaden, v. Möller in Kassel ernannt, letzterer zu- 
gleich zum Oberpräsidenten für beide Regierungsbezirke. 
„ (Norddeutscher Bund). Reichstag: Fortsetzung der General-- 
debatte über den Verfassungsentwurf. Rede Bismarcks. Rede Münch- 
hausens gegen das. Vorgehen Preußens gegen und in Hannover und 
Antwort Bismarcks darauf. 
Rede Bismarcks (über das Zustandekommen der Verfassung überhaupt): 
„Es hat nicht unsere Absicht sein können, ein theoretisches Ideal einer Bundes-
	        
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