Preußen und der norddeutsche Bund. 85
Sollte ich noch mit onderen zur Contrasignatur berechtigten Beamten eines
anderen Ministeriums die Verantwortung theilen, so würde mir das zu viel.
Der Herr Vorredner hat ferner mir zwar schmeichel haftes Vertrauen für die
auswärtige Politik, aber gemäßigtes Mißtrauen in Bezug auf meine Vorliebe
für die Entwickelung der Volksfreiheit ausgesprochen. Er thut mir, glaube
ich, in letzter Beziehung Unrecht. Ich habe niemals in meinem Leben gesagt,
daß ich der Volksfreiheit mich feindlich entgegenstelle, sondern nur gesagt und
natürlich unter der Voraussetzung „rebus sic stantibus“, meine Interessen
an den auswärtigen Angelegenheiten sind nicht nur stärkere, sondern zur Zeit
allein maßgebende und fortreißende, so daß ich, so viel ich kann, jedes Hin-
derniß durchbreche, welches mir im Wege steht, um zu dem Ziele zu gelangen,
welches, wie ich glaube, zum Wohle des Vaterlandes erreicht werden muß.
Das schließt nicht aus, daß auch ich die Ueberzeugung des Herrn Vorredners
lheile, daß den höchsten Grad von Freiheit des Volkes, des Individuume,
der mit der Sicherheit und gemeinsamen Wohlfahrt des Staates verträglich
ist, jederzeit zu erstreben die Pflicht jeder ehrlichen Regierung ist. — Graf
Bismarck: Ich habe nur constatirt, was auf der Hand lag, daß an den
vorhandenen Errungenschaften an Minister-Verantwortlichkeit, deren sich die
Bundesstaaten erfreuen, nichts geändert werde, in so weit als jede Regierung
verantwortlich bleibt für die Art, wie ihre Stimme im Bundesrathe abge-
geben wird. Liegt darin etwas Neues, so beweist es, daß wir gegenseitig
im Dunkeln tappen. Ich habe dabei den einzigen Ausnahmefall hervor-
gehoben, den ich als factisch unwahrscheinlich bezeichnete, daß Prcußen gegen
seinen Willen überstimmt würde und in der Minorität bliebe. Da habe ich
das verfassungsmäßige Mittel angegeben, was in der Hand des Präsidiums
liegt, den Ausspruch des Reichstages. Ich frage, kann das für Jemand
etwas Neues gewesen sein? Es springt Jedem in die Augen, der sich die
Mühe gibt, mit Aufmerksamkeit zu lesen. Sie wollen darüber hinaus eine
neue Verantwortlichkeit schaffen. Sie wollen, daß eine Verantwortlichkeit
nicht bloß vom Bundeskanzler allein getragen, sondern Sie wollen daneben
noch eine Anzahl anderer Bundesorgane schaffen, die verantwortlich sein sollen.
Und dem widerspreche ich im Namen der preußischen und sämmtlicher ver-
bündeten Regierungen auf das Bestimmteste. Was der Herr Vorredner ver-
langle, ist nicht eine Ausbildung dieser von uns gemachten und vereinbarten
Vorlage, sondern es widerspricht den principiellen Grundsätzen dieser Bundes-
versassung. Ich kann es nicht ändern. Er ist in seinem Rechte und in
seinem Willen liegt es, wenn er dagegen stimmt. Wir haben den größten
Theil des Werkes gethan und haben den Block hingerollt bis nahe an die
Spitze. Mit großeimn Schmerze werde ich ihn in den Abgrund zurückrollen
sehen. Scheitert das Werk, so haben nicht wir es gethan, sondern Sie.
Ihre Namen sind es, deren sich die Nation erinnern, die die Geschichte auf-
bewahren wird!
Bei der Abstimmung wird zuerst eventuell für den Fall der
Annahme des Zusatzes Bennigsen über den Antrag Bethusy-Huc
abgestimmt und derselbe angenommen, dann über den Zusatz Ben-
nigsen selbst, der in namentlicher Abstimmung mit 140 gegen 124
Stimmen verworfen wird. Schließlich wird über den Antrag Be-
thusy-Huc allein noch einmal abgestimmt und derselbe nochmals
angenommen.
Zu Art. 18 werden von Bennigsen und anderen verschiedene
Amendements gestellt und ohne weitere Debatte theils angenommen,
theils abgelehnt, so daß der Artikel nunmehr lautet:
„Dem Präsidium steht die Ausfertigung und Verkündigung der Bundes-