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Preußen und der norddeutsche Bund.
daß die Sache zur Sprache gekommen ist. Mir scheint es doch ganz klar, daß
es nicht Sache der Regierung sein kann, für die Depossedirten eine Sparbüchse
anzulegen. Wir hatten einen Antrag gestellt, das Geld auch für andere Ver-
waltungszwecke zu gewähren und dann Rechenschaft zu legen. Sie haben das
abgelehnt, und ich kann nur sagen: „tu l’as voulu George Dandin.“
Lasker: Wir haben in dem Gesetz klar ausgesprochen, zu welchen Zwecken
das Geld verwendet werden soll, und der Ministerpräsident hat die Rechnungs-
legung zugesagt. Hagen (Görlitz) beantragt, da die Regierungscommissäre
nicht geneigt schienen, die Ehre der Verwaltung zu retten, die Sache fallen zu
lassen, bis der Minister des Innern anwesend sei. Lasker: Es befindet sich
ein Minister unter den Regierungscommissären, und jene Antwort war uns
zugegangen vom Gesammtministerium. v. Hoverbeck will nur daran er-
innern, daß die Fortschrittspartei bei der Berathung dieser Angelegenheit ihre
Kassandrastimme erhoben hat, um davor zu warnen, der Regierung so große
Fonds zur Disposition zu stellen. Dr. Virchow: Es ist auffallend, daß, seit
die Fonds mit Beschlag belegt sind, Alles von der Welfenlegion und den an-
deren Umtrieben der Depossedirten still geworden ist. Um so mehr hätte die
Regierung die Verpflichtung, zu sagen, welche Thatsachen sie veranlassen, die
Beschlagnahme und die geheime Verwendung der Gelder fortzuführen. Der
Minister der landw. Angelegenheiten: Da ich persönlich provozirt bin, so
will ich nur bemerken, daß der Beschluß vom Staatsministerium gefaßt und
kein einziger Minister in der Lage ist, etwas Anderes zu erklären. Der Dis-
positionsfonds wird bewilligt.
Der Etat für 1870 wird in zweiter Berathung zu Ende ge-
bracht und definitiv genehmigt.
Die Nachtragscredite für 1870 werden, so weit sie Universitäts-
und Seminarbedürfnisse befriedigen sollen, genehmigt, dagegen ein
vom Kriegsminister geforderter Nachtragscredit von Thlr. 150,000
abgelehnt.
18. Dec. (Preußen). Das Herrenhaus genehmigt das Consolidations-
gesetz für die Staatsschuld fast einstimmig.
,, „ (Preußen). König Georg v. Hannover läßt der Welfenlegion
in Frankreich anzeigen, daß die Bezüge derselben mit dem 15. April
1870 aufhören würden.
„ —20. Dec. (Mecklenburg ). Landtag: Die vorgeschlagenen neuen
Steuern werden theils angenommen, theils abgelehnt.
20. „ (Preußen). Das Herrenhaus lehnt den Beschluß des Ab-
geordnetenhauses bez. Ausdehnung der Competenz der Schwurgerichte
auch auf politische Verbrechen und Preßvergehen (Antrag Eberty)
seinerseits ab.
21. „ (Preußen). Das Herrenhaus genehmigt den Etat für 1870
einstimmig nach den Beschlüssen des Abg.-Hauses, also mit den
Abstrichen namentlich im Etat des Auswärtigen und des Cultus.
,, „ (Preußen). Die Stadtverordneten von Berlin beschließen die
Unentgeltlichkeit der Volksschule innerhalb ihrer Competenz und die
Stadtverordneten einiger anderer Städte, z. B. Gladbach, thun
dasselbe.