Allgemeine Chronik. 9
3. März. (Oesterreich-Ungarn: Oesterreich.) Graf Hohenwart beginnt neue Unter-
handlungen mit den Czechen behufs eines Ausgleichs. — Die Regierung sucht
mit allen nur möglichen Mitteln deutsche Siegesfestlichkeiten in den deutschen
Kronländern zu verhindern: das Verbot wird von den Behörden inconsequent
gehandhabt und von den Bevölkerungen consequent umgangen.
6. „ (Frankreich.) Die Nationalgarde der Arbeitervorstädte in Paris hat sich
bereits zahlreicher Kanonen bemächtigt und dieselben drohend gegen die Stadt
in Position gebracht. Zum ersten Mal tritt die Existenz eines „Centralcomités
der Nationalgarde" ans Tageslicht. Die Regierung erkennt endlich die Gefahr.
„ „ (Frankreich.) Napoleon protestirt in einer Zuschrift an den Präsidenten
der Nat.-Versammlung von Wilhelmshöhe aus gegen seine und seiner Dynastie
Thronentsetzung ohne Plebiscit.
„ „ (Deutsch-franz. Krieg.) Die von den deutschen Truppen vertragsmäßig
geräumten Pariserforts auf dem linken Seineufer werden von den französ.
Militärautoritäten wieder besetzt.
„ „ (Frankreich.) Die Regierung ernennt den populären Gen. Aurelles de
Paladine zum Obercommandanten der Pariser Nationalgarde und hofft durch
freundschaftliche Unterhandlungen wieder in den Besitz der von der National-
garde der Arbeitervorstädte mit Beschlag belegten Kanonen zu gelangen.
8. „ (England und Verein. Staaten von Nordamerika.) Die aus 5 eng-
lischen und 5 amerikanischen Commissarien bestehende Commission behufs Er-
örterung der zwischen beiden Ländern obwaltenden Differenzen tritt in Washing-
ton zusammen.
„ „ (Spanien.) Erste allg. Korteswahlen unter dem neuen Könige. Fast die
Hälfte der Gewählten gehört den verschiedenen Oppositionsparteien an.
9. „ (Frankreich.) Der Militärgouverneur v. Paris, Gen. Vinoy, unterhandelt
ohne Erfolg mit der Nationalgarde über die Herausgabe der von ihr entführten
Kanonen. Dieselbe wird geradezu verweigert und dagegen die Wahl aller
Offiziere durch die Nationalgarde selbst gefordert.
10. „ (Frankreich.) Die Nat.-Versammlung beschließt mit 461 gegen 104 Stim-
men, ihren Sitz von Bordeaux nach Versailles zu verlegen. Die Verlegung
nach Paris wird mit 427 gegen 154 Stimmen abgelehnt.
Die Lage der Dinge in Paris zwischen der Regierung und der National=
garde der Arbeitervorstädte wird immer gespannter. Die letzteren steigern ihre
Ansprüche. Die erstere antwortet mit der Unterdrückung einer Anzahl rother
Journale.
„ „ (Italien.) Ein kgl. Decret expropriirt vorerst 8 große Klöster in Rom,
um für die Verlegung der Hauptstadt dahin und die Unterbringung der ver-
schiedenen Ministerien etc. Platz zu gewinnen.
12. „ (Rußland.) Mit diesem Tage hört im ganzen Reiche der letzte Rest der
Leibeigenschaft auf und ist die Frist, die für die Vollendung der Bauerneman-
cipation gesetzt war, abgelaufen.
13. „ (Deutsch-franz. Krieg.) Der deutsche Kaiser verläßt Versailles mit dem
großen Hauptquartier.
„ „ (Londoner Conferenz) hält ihre Schlußsitzung und wird der vereinbarte
neue Vertrag bez. des Schwarzen Meeres allseitig unterzeichnet. Rußland
hat, was es gewollt, vollständig erreicht.
14. „ (Frankreich.) Zahlreiche Volksversammlungen in den revolutionären
Stadtvierteln von Paris beschließen, sich einer Entwaffnung oder Reorganisation
der Nationalgarde mit den Waffen in der Hand zu widersetzen.
15. „ (Deutsch-franz. Krieg.) Der deutsche Kaiser verläßt Frankreich wieder,
erläßt einen Abschiedstagsbefehl an die Armee und kehrt nach Berlin zurück.
„ „ (Deutsches Reich: Elsaß-Lothringen.) Der Reichskanzler verfügt die Er-