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Das deutsche Reich und seine einzelnen. Glieder.
Sinne geschworen werden, wie der Verfassungseid; durch letzteren
aber nach der ausdrücklichen und offiziell promulgirten Tegernseer Erklärung
des hohen Gebers der Verfassung vom 15. September 1821 die katholischen
Unterthanen zu nichts verpflichtet werden wollen, was den göttlichen Gesetzen
oder den katholischen Kirchensatzungen entgegen wäre. . . “ Es ergibt sich
hieraus die sehr beachtenswerthe Thatsache, daß, während bisher die Bischöfe
nur den Verfassungseid der Katholiken als mit dem geistigen Vorbehalt der
„göttlichen Gesetze“ und „katholischen Kirchensatzungen“ geleistet ansahen, der
Bischof von Regensburg diesen sehr unbestimmten und daher seiner Tragweite
nach nicht berechenbaren Vorbehalt sogar auf den Diensteid der Staatsdiener
und auf alle politischen Eide ausdehnt. Auf diesem Wege gelangt man in
der That allmählich auf den Standpunkt der Bulle unam sanctam des Papstes
Bonifaz VIII.
24. Mai. (Deutsches Reich.) Reichstag: beschließt, den Reichskanzler
aufzufordern, die Aufrichtung einer deutschen Universität in Straßburg
bald möglichst ins Werk zu setzen.
„ „ (Bayern.) Auch der Erzbischof von Bamberg stellt die Kirchen-
satzungen über die Verfassung und über den von den Bischöfen und
den Katholiken Bayerns auf die Verfassung geleisteten Eid.
Ein Erlaß des erzbischöflichen Ordinariats in Antwort auf den Protest
der Erlanger Katholiken gegen die ohne Placet erfolgte Verkündigung des
Unfehlbarkeitsdogma spricht sich nämlich gegen die Behauptung derselben, daß
durch die ohne Placet erfolgte Verkündigung des Unfehlbarkeitsdogmas die
bayrische Verfassung verletzt worden sei und eine solche Publication nicht rechts-
verbindlich ist, dahin aus: „nur unter dem Vorbehalte der göttlichen Gesetze
und der katholischen Kirchensatzungen und der vollen Giltigkeit des Con-
cordats, also auch aller durch diesen Vertrag der katholischen Kirche in Bayern
zugesicherten Rechte und Freiheiten, leisteten von jeher und leisteten bis heute
alle Bischöfe Bayerns und alle Katholiken Bayerns den Eid auf die Verfassung.“
„ „ (Elsaß-Lothringen.) Der Regierungspräsident v. Kühlwetter
wird abberufen; der Generalgouverneur Graf v. Bismarck-Bohlen über-
nimmt zunächst auch die Functionen eines Civilcommissärs für die
neuen Reichslande.
24. u. 25. „ (Lauenburg.) Der Landtag des Herzogthums tritt in
Folge einer Cabinetsordre des Kaisers und Herzogs zusammen und
nimmt in zweimaliger Abstimmung den Vorschlag desselben ein-
stimmig an:
Cabinetsordre des Kaisers vom 17. Mai: „Es erscheint Mir noth-
wendig, daß, bevor die Frage der Inkorporation des Herzogthums Lauenburg
in den preußischen Staat den dortigen Ständen zur definitiven Erledigung
vorgelegt wird, eine Auseinandersetzung mit denselben über die beiderseitigen
Rechte an dem im Herzogthum vorhandenen Domänencomplex stattfinde. Da
die Natur dieser Domänen im Allgemeinen unklar ist, so scheint es rathsam,
daß die herzogliche Regierung durch einen Vermittlungsvorschlag sich mit den
Ständen zu einigen suche. Ich schlage daher vor, daß Domänen in einem
Werthe Einer Million Thaler ausgesondert und Mir zum freien unbeschränkten
Eigenthum überlassen werden, wogegen Ich den ganzen Rest dem Herzogthum
als freies unbeschränktes Eigenthum überweisen will. Zu diesem Ende sollen
die Stände des Herzogthums unverzüglich einberufen werden, um schleunigst
ihren Beschluß über das quäst. Abkommen herbeizuführen. Daß die Stände
bei der einstigen Inkorporirung des Herzogthums in Preußen in dem über-