10
Allgemeine Chronik.
richtung zweier Schullehrerseminarien, eines katholischen in Straßburg und
eines protestantischen in Colmar.
15. März. (Oesterreich-Ungarn: Oesterreich.) Der neue (czechische) Unterrichts-
minister Jirecec ordnet eine Enquête bez. der liberalen Schulgesetze an. Die
verfassungsfeindlichen, nationalen, feudalen und clericalen Elemente gehen mit
Eifer auf den Plan ein, die deutsch-liberalen weigern sich, dazu die Hand
zu bieten.
„ „ (Frankreich.) Die Regierung beschließt, mit Güte oder mit Gewalt sich in
den Besitz der ihr von einem Theil der Pariser Nationalgarde entfremdeten
Kanonen zu setzen.
„ „ (Italien.) Mehr und mehr gewinnt die Ansicht allgemeine Geltung, daß
Italien früher oder später seine Einheit und seine Unabhängigkeit gegen Frank-
reich mit den Waffen in der Hand zu behaupten sich werde gezwungen sehen.
17. „ (Frankreich.) Ein Versuch der Regierung, sich durch gütliche Mittel wieder
in den Besitz der von der Pariser Nationalgarde an sich genommenen Kanonen
zu setzen, mißlingt und dieselbe beschließt nunmehr, ihre Zuflucht zur Gewalt
zu nehmen.
18. „ (Deutschland: Preußen.) Der Cultminister v. Mühler wahrt gegenüber
dem Bischof v. Ermeland sehr entschieden die Rechte des Staats.
„ „ (Frankreich.) Der Versuch der Regierung, die von der Nationalgarde in
Paris an sich genommenen Kanonen ihr gewaltsam wieder zu entreißen, miß-
lingt und ruft einen allgemeinen Aufstand hervor. Die Generale Thomas
und Lecomte werden ermordet; die Insurgenten besetzen das Stadthaus und
die Regierung beschließt, sich mit allen ihren Truppen nach Versailles zurück-
zuziehen und die Stadt vorerst gänzlich den Insurgenten Preis zu geben.
19. „ (Deutsch-franz. Krieg.) Der Exkaiser Napoleon verläßt Schloß Wil-
helmshöhe und nimmt seinen Wohnsitz in England.
20. „ (Oesterreich-Ungarn: Ungarn.) Abg.-Haus: lehnt einen Antrag
Iranyi's, die Mißbilligung des Hauses darüber auszusprechen, daß die Regie-
rung beim Friedensschluß nicht den verfassungsmäßigen Einfluß zu Gunsten
Frankreichs ausgeübt habe, nach lebhafter Debatte mit 225 gegen bloß 33
Stimmen ab.
„ „ (Frankreich.) Die Regierung in Versailles rüstet mit großem Eifer gegen
Paris. In Paris haben die Insurgenten alle von den Deutschen geräumten
Forts besetzt, mit Ausnahme des Mont Valêrien, der indeß auch nur durch
Zufall in den Händen der Regierung bleibt. Ein Theil der Pariser National-
garde und eine Anzahl Deputirter in Versailles suchen zu vermitteln. Das
„Centralcomité der Pariser Nationalgarde", das sich im Stadthaus installirt
und die Zügel in die Hand genommen hat, schreibt die Wahlen zu einem
Pariser Gemeinderath schon auf den 22. d. M. aus.
21. „ (Deutsch-franz. Krieg.) In Folge der Revolution in Paris wird die
Rücksendung der franz. Kriegsgefangenen von Deutschland vorerst suspendirt.
Die Insurgenten erkennen inzwischen auch ihrerseits die mit Deutschland
abgeschlossenen Friedenspräliminarien an, um sich nicht auch die deutsche Armee
auf den Hals zu laden, die von ihren Stellungen aus in der Lage wäre, der
ganzen Insurrection ein schnelles Ende zu bereiten.
„ „ (Deutsches Reich.) Feierliche Eröffnung des ersten deutschen Reichstags
in Berlin. Friedliche Thronrede des Kaisers. Graf Bismarck wird von ihm
in den Fürstenstand erhoben.
„ „ (Italien.) Die II. Kammer beendigt auch die Berathung des zweiten Theils
des sog. Garantiegesetzes betr. das Verhältniß zwischen Staat und Kirche und
nimmt denselben schließlich mit 185 gegen 106 Stimmen an. Ein Zusatz-
antrag Mordini's, zu erklären, daß die in dem Garantiegesetz enthaltenen
Principien nicht Gegenstand internationaler Abmachung werden dürften, wird
mit 191 gegen 109 Stimmen verworfen.