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Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder.
steuer in ihrer bisherigen Ausdehnung in den großen Städten zu erheben, ist
mit zu großen Mühen verknüpft. Die Mahlsteuer soll aber erst am 1. Jan.
1873 gänzlich aufgehoben werden, weil die Kommunen Zeit haben müssen,
ihren Haushalt anderweit zu ordnen. Die Rücksicht auf die Verhältnisse der
Kommunen bestimmt die Regierung ferner, hinsichtlich der Schlachtsteuer den
Vorschlag zu machen, daß sie zwar für Staatsrechnung vollständig aufgehoben,
daß es aber unter gewissen Bedingungen und Voraussetzungen den Kommunen
gestattet werde, die Schlachtsteuer für Kommunalzwecke beizubehalten. (Lebh.
Widerspruch links.) Diese Fakultät soll jedoch nur gewährt werden, wo die
Erhebung mit geringen Belästigungen eintreten kann, und nur, wo die Noth-
wendigkeit dargethan wird, auf diesem Wege eine Deckung der Kommunalbe-
dürfnisse zu gewinnen. Auch besteht sie nur für Städte von 100,000 Einw.
und darüber und ist noch dadurch eingeengt, daß die Kommunen, welche die
Schlachtsteuer beibehalten wollen, statt der direkten Heranziehung der Steuer-
pflichtigen zur Klassensteuer in den Stufen 1 B, 2 und 3 (2½, 5, 7½ Sgr.
pro Monat) ein Aversum an die Staatskasse zahlen und auch diesen Theil
der Bevölkerung von der direkten Besteuerung freilassen müssen. Wenn das
Haus diese Vorlage annimmt, so wird damit ein großer Schritt zur zweck-
mäßigen Umgestaltung unseres Steuerwesens gethan.
9. Dec. (Bayern.) Der Bischof von Regensburg wird vom Gerichte
zweiter Instanz wegen Ehrenkränkung verurtheilt.
Der Bischof hatte während einer Firmungsreise am 5. Juli d. J. in der
Kirche zu Kötzing bei Spendung des genannten Sacramentes den Bürger-
meister Kottmaier als einen der Unterzeichner der altkatholischen Museums-
adresse namentlich in gröbster Weise insultirt. Aus der Zeugenvernehmung
ging hervor, daß Bischof Senestrey bei dieser Gelegenheit kein Wort über die
Firmung zu den Firmlingen und Firmpathen sprach, sondern es vorzog vor
Kindern, Frauen und den übrigen Kirchenbesuchern sich geflissentlicher Gesetzes-
verletzungen in der Kirche im bischöflichen Ornate schuldig zu machen.
„ „ (Bayern.) Der Pfarrer Illing in Kitzingen, der dort einen
Protestantenverein im Anschluß an den deutschen Protestantentag ge-
gründet hat, wird von dem prot. Consistorium in Bayreuth deßhalb
zur Verantwortung gezogen mit Rücksicht auf die normative Bedeutung
der luth. Bekenntnißschriften für die evang. Amtsführung.
11. „ (Deutsch-franz. Krieg.) In Frankfurt wird von den beider-
seitigen Bevollmächtigten eine Zusatzconvention zum Friedensvertrage
vom 10. Mai abgeschlossen (s. Beilage).
12. „ (Preußen.) Abg.-Haus: nimmt die Gesetzesvorlage betr. Auf-
hebung des preuß. Staatsschatzes einstimmig an und weist die Steuer-
reform an eine Commission von 21 Mitgliedern.
„ „ (Bayern.) II. Kammer: Der Bischof von Augsburg wendet sich
mit einer Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmäßiger Rechte durch
die Regierung in der Meringer Angelegenheit, besonders durch die
Regierungsentschließung vom 27. Febr., mit dem Begehren an die Kammer
„ihm zur Wiederherstellung des Rechts der Kirche in der Pfarrei
Mering die geeignete Mitwirkung angedeihen zu lassen.“
13. „ (Bayern.) II. Kammer: Wie in Württemberg die particulari-
stisch-democratische Partei, so stellt hier die particularistisch-clericale