Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. 249
Partei (Schüttinger-Barth) einen Antrag zur Wahrung vertragsmäßiger
Rechte des bayr. Staates gegenüber der Reichsgesetzgebung:
§ 1. In allen Fällen, in welchen der Bundesrath über Abänderungen
der Competenz der Verfassung des deutschen Reiches oder über Zusätze zu der-
selben, oder über diejenigen Vorschriften der Verfassung beschließt, durch welche
bestimmte Rechte Bayerns in dessen Verhältniß zur Gesammtheit festgestellt
wurden, sind die bayerischen Vertreter im Bundesrathe bezüglich ihrer dort
abzugebenden Erklärungen an die Zustimmung der Kammer der Reichsräthe
und der Kammer der Abgeordneten gebunden. § 2. Bevor diese Zustim-
mung der beiden Kammern des Landtages erfolgt ist, haben die bayerischen
Vertreter im Bundesrathe alle Anträge, welche sich auf die in Ziff. 1 bezeich-
neten Abänderungen beziehen, abzulehnen. § 3. Die bayerischen Staats-
minister sind für die Beobachtung dieses Gesetzes nach Tit. X §§ 4 bis 6 der
Verfassungsurkunde und nach dem Gesetze vom 4. Juni 1848, „die Verant-
wortlichkeit der Minister betreffend“, haftbar.
13. Dec. (Sachsen.) II. Kammer: Die beiden bisher getrennten liberalen
Parteien der Kammer (Nat.-lib. und Fortschr.) verschmelzen sich zu
Einer Partei.
14. „ (Preußen.) Abg.-Haus: Der Cultminister v. Mühler legt dem-
selben als Vorläufer des allg. Unterrichtsgesetzes den schon in der
Thronrede angekündigten Gesetzentwurf betr. die Beaufsichtigung des
Unterrichts- und Erziehungswesens vor,
da es mit Rücksicht auf das praktische Bedürfniß der Staatsregierung
daran liegt, diesen Gesetzentwurf vorweg zur Berathung zu bringen. Der
Gesetzentwurf umfaßt nur zwei Paragraphen: „§ 1. Die Aufsicht über alle
öffentlichen und Privatunterrichts- und Erziehungs-Anstalten steht dem Staate
zu. Demgemäß handeln alle mit dieser Aufsicht betrauten Behörden und Be-
amten im Auftrage des Staates. § 2. Die Ernennung der Local-
und Kreis-Schulinspektoren und die Abgrenzung ihrer Aufsichtsbezirke gebührt
dem Staate allein. Der vom Staate den Inspektoren der Volksschule
ertheilte Auftrag ist, sofern sie das Amt als Nebenamt oder Ehrenamt ver-
walten, jederzeit widerruflich. Diejenigen Personen, welchen die bisherigen
Vorschriften die Inspektionen über die Volksschule zuweisen, sind verpflichtet,
dieses Amt gegen die etwaigen Dienstbezüge im Auftrage des Staates fortzu-
führen oder auf Erfordern zu übernehmen. Alle entgegenstehenden Bestim-
mungen sind aufgehoben.“ Nach der bisherigen Gesetzgebung, bemerkt der
Minister zu der Vorlage, ist das Amt des Kreis-Schulinspektors mit der
Stellung des Superintendenten oder des Erzpriesters oder Dekans unmittelbar
verknüpft gewesen. Das gegenwärtige Gesetz läßt es dem Staate frei, in der
Bestellung dieser Aufsichtsbehörden unabhängig und nach seinem selbstständigen
Ermessen zu verfahren. Es ist nicht die Absicht, damit eine Trennung der
Kirche und der Schule zu vollziehen, vielmehr ist man nach wie vor der An-
sicht, daß dies dem Interesse der Schule am heilsamsten sein wird, wenn eine
Vereinigung der beiden Inspektionen in derselben Hand stattfinden kann, ohne
das Interesse des Staats zu schädigen. Der Staat kann aber um der Ver-
antwortung willen, die er für die Erziehung der Jugend, der kommenden Ge-
schlechter, hat, diese Aussicht nicht abhängig machen von einem bloß zufälligen
Zusammentreffen, sondern er muß sich das Recht und die Freiheit wahren,
überall, wo das Bedürfniß es fordert, auch selbstständig eintreten zu können.
„ „ (Sachsen.) II. Kammer: Die Regierung macht derselben eine
Vorlage betr. Gehaltserhöhung der Schullehrer.