252
Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder.
als die früheren Bestimmungen. Bei den früheren Verhandlungen ist nament-
lich das Gegenstand des Streites zwischen den verschiedenen Parteien und der
Regierung gewesen: wo, wenn die erste Instanz, der Kreisausschuß, entschieden
hat, die Berufung hingehen solle; es fand ein gewisses Widerstreben dagegen
statt, diese Berufung an die bestehende höhere Administrationsbehörde gehen
zu lassen; es wurde der Richter eingeschoben, welchem Vorschlage seitens der
Regierung nicht zugestimmt werden konnte. Die Regierung glaubt ein Aus-
kunftsmittel gefunden zu haben, welches vielleicht die Wünsche aller Parteien
befriedigen wird. Durch das Ausführungsgesetz zu dem Gesetz über das
Armenwesen haben wir eine Institution geschaffen, welche, wenn sie auch in
ihrer Wirksamkeit augenblicklich noch nicht zu übersehen ist, doch keinen Grund
zu der Befürchtung bietet, daß sie sich nicht bewähren wird: es sind dies die
Heimathsdeputationen. Wir schlagen Ihnen vor, an diese Heimathsdeputationen
anzuknüpfen und sie als zweite Instanz für die Kreisausschüsse in denjenigen
Angelegenheiten hinzustellen, welche man mit dem Namen von Verwaltungs-
streitigkeiten bezeichnen kann, jedoch in einer etwas veränderten Form, mit
Rücksicht darauf, daß sie für diese Zwecke an und für sich schon etwas zu klein
sein würden, und daß die Auswahl der Personen, die jetzt in den Heimaths-
deputationen sitzen, wesentlich im Hinblick darauf getroffen ist, daß sie über
Armensachen entscheiden sollen. Wir schlagen Ihnen deshalb vor, aus den
Heimathsdeputationen Deputationen zur Entscheidung von Verwaltungsstreitig-
keiten zu constituiren, zum Vorsitzenden in diesen Deputationen, so oft sie sich
mit solchen Streitigkeiten zu beschäftigen haben, den Regierungspräsidenten
oder dessen Stellvertreter zu setzen und das stellvertretende richterliche Mitglied
mit in die Deputation zu berufen, so daß auf diese Art die Deputation, wenn
sie für Verwaltungsstreitigkeiten zusammentritt, aus 7 Mitgliedern besteht.
Der Gesetzentwurf läßt nach dieser Richtung hin keine Lücke, auch wenn man
die Frage nach dem obersten Verwaltungsgerichtshof auswürfe, der nothwendig
dazu gehört, um das System zum Abschluß zu bringen. Wir schlagen Ihnen
in der Vorlage vor: alle diejenigen Sachen, welche dem Kreisausschuß und in
zweiter Instanz der Deputation zugewiesen sind, mit dem Spruche dieser endigen
zu lassen, und es bleibt nur eine Schwierigkeit übrig, die großen Städte,
welche einen Kreis für sich bilden. In dieser Beziehung schlagen wir Ihnen
vor, einstweilen das ganze Institut des Kreisausschusses, ohnehin für Städte
schwer durchführbar, für diese bis dahin beruhen zu lassen, wo ein oberster
Verwaltungsgerichtshof für die ganze Monarchie hergestellt sein wird. — Es
bleibt mir noch eine kurze Bemerkung über diejenigen Paragraphen übrig, die
von dem Recht der Besteuerung der Kreis-Insassen handeln. Es wird darin
noch der Schlacht- und Mahlsteuer Erwähnung gethan; ich konnte diese Be-
zeichnung der Steuer im Gesetzentwurf nicht umgehen, weil ich das Schicksal
des Steuergesetzes noch nicht kenne. Auch sind in Bezug auf die sonstige Be-
steuerung des Kreises Bestimmungen ausfgenommen worden, die vielleicht auf
den ersten Blick etwas mager erscheinen werden; es liegt dies aber darin, daß
die Regierung damit beschäftigt ist, ein allgemeines Gesetz über das Recht der
Besteuerung der Communen in Bezug auf Forensen und juristische Personen
zur Berathung zu stellen; dasselbe ist jedoch noch nicht so weit gediehen, daß
die von der Staatsregierung vereinbarten Grundsätze schon in diesen Entwurf
hätten aufgenommen werden können. Man hat sich deshalb darauf beschränkt,
nur diejenigen Bestimmungen aufzunehmen, über die principielles Einverständ-
niß zwischen der Staatsregierung und dem Landtage vorauszusetzen ist, vor-
behaltlich der Modificationen, welche das allgemeine Besteuerungsgesetz nach
dieser Richtung hin nothwendig machen sollte."
21. Dec. (Sachsen.) II. Kammer: Die Regierung legt derselben den Ent-
wurf eines Gesetzes betr. Reform der Steuergesetzgebung vor, der die
Ertragssteuer neben der bisherigen Grundsteuer einführt.