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Oesterreich-Angarn.
Diese Prinzipien, welche nicht leidenschaftlich erregt gefaßt wurden, sondern
nach genauer Kenniniß der Zustände des Reichs, mögen auch von der neuen
Regierung in ihr Programm aufgenommen werden. Dann wird jene Har-
monie eintreten, welche das constitutionelle Leben zur Wahrheit macht. Wir
treten vor eine neue Aufgabe, wir werden sie in demselben Geist lösen wie
bisher.“
24. Febr. (Oester reich.) Reichsrath, Abg.-Haus: gewährt mit 77 gegen
26.
59 Stimmen nach dem Antrage des Finanzausschusses nur für den
Monat März die Bewilligung zur Forterhebung der Steuern und
ertheilt dem Ministerium Hohenwart damit ein erstes Mißtrauens-
votum.
„ (Oesterreich.) Ein Parteitag der deutsch-liberalen Partei in
Wien, der von mehr als 200 Männern aus allen Kronländern und
auch einer Anzahl Reichsrathsabgeordneter besucht ist, beschließt fast
einstimmig eine Resolution, welche der in ihrem Innersten offenbar
verfassungsfeindlichen Regierung die entschiedenste Gegnerschaft erklärt
und den Föderalismus unter jeder Form perhorressirt.
„ (Ungarn.) Unterhaus: Nach viertägiger Redeschlacht über die
Honveds und den Ausgleich wird ein dießfälliger Antrag der Linken
mit 192 gegen 124 Stimmen verworfen.
3. März. (Oesterreich: Böhmen.) Graf Hohenwart beginnt neue Unter-
7V"vß
15.
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handlungen mit den Czechen behufs eines Ausgleichs.
„ (Oesterreich.) In den meisten größeren Städten der deutsch-
österr. Provinzen sollen deutsche Siegesfeiern veranstaltet werden.
Die Regierung sucht sie mit allen nur möglichen Mitteln zu verhin-
dern, jedoch nicht überall mit Erfolg. Das Verbot wird von den
Behörden in den einzelnen Kronländern inconsequent gehandhabt, von
der Bevölkerung consequent umgangen.
„ (Ungarn.) Der Katholiken-Congreß tritt in Pest wieder zusam-
men, um das Elaborat seiner, in der vorjährigen Session niederge-
gesetzten 27er Commission über die Lösung der kath. Kirchenfrage zu
behandeln.
Der von der klerikalen Mehrheit der Commission, an deren Spitze der
Fürstprimas Simor, der Erzbischof Haynald und der klerikal-demokratische
Abg. Virgil Szilaghi stehen, in 132 Paragraphen vorgelegte Entwurf bietet
indeß kaum den Schatten einer wirklichen Autonomie für die Laienwelt der
katholischen Kirche Ungarns.
„ (Oesterreich.) Der neue czechische Unterrichtsminister Jirecek
unterzieht die liberalen Schulgesetze einer Enqukte, „um die Wünsche
des Volkes zu vernehmen.“ Die verfassungsfeindlichen, nationalen,
klerikalen und feudalen Elemente gehen mit Eifer auf den Plan ein,
die Deutsch-Liberalen weigern sich, dazu Hand zu bieten.
„ (Ungarn.) Abg.-Haus: Ein Antrag Iranyi's, die Mißbilli-
gung des Hauses darüber auszusprechen, daß die Regierung beim
Friedensschluß nicht den gesetzlichen Einfluß zu Gunsten Frankreichs
ausgeübt habe, wird nach lebhafter Debatte mit 225 gegen bloß 33
Stimmen abgelehnt.