Full text: Europäischer Geschichtskalender. Chronik und geschichtlicher Überblick der denkwürdigen Jahre 1870 und 1871. Zweiter Band. (11a)

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Oesterreich-Angarn. 
der Wiener Bevölkerung in einer Adresse auszusprechen,“ und gleich- 
zeitig an das Gesammtministerium eine Petition zu richten „damit im 
legislativen Wege das Verhältniß zwischen Staat und Kirche auf neuen 
gesetzlichen Grundlagen geregelt werde, welche die Rechte und Freiheiten 
der Staatsbürger gegen terroristische Acte der Kirchengewalt vollständig 
sicher stellen." 
22. April. Die Delegationen werden auf den 22. Mai einberufen und da- 
L 
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durch der Session des cisleith. Reichsraths eine ziemlich kurze Frist 
gesetzt, obgleich das Ministerium Hohenwart bisher auch noch nicht 
eine der von ihm in Aussicht gestellten, so tief eingreifenden Vorlagen 
eingebracht hat. 
„ (Ungarn.) Abg.-Haus: Cultminister Pauler beantwortet eine 
Interpellation betr. der in Stuhlweissenburg unter Glockenklängen er- 
folgten Publication des Unfehlbarkeitsdogma's dahin 
daß die Regierung von dieser Thatsache keine Kenntniß habe und erinnert 
übrigens an eine Regierungsverfügung (Eötvös) vom 9. Aug. v. J., die es 
strengstens verboten habe, ohne Bewilligung der Regierung päpstl. Beschlüsse 
zu verkünden oder zu versenden, wie denn die Regierung überhaupt das Pla- 
cetum regium als unverjährt und rechtswirksam anerkenne und aufrecht zu 
halten entschlossen sei. 
Dasselbe erklärt der Minister in Antwort auf die Interpellation 
Ghiczy's v. 3. April bez. des Katholikencongresses und daß, soferne 
das Statut Puncte enthalte, welche bestehende Gesetze abändern, diese 
nicht ohne Zustimmung der Legislative in Wirksamkeit treten könnten. 
Ghiczi erklärt sich im Allgemeinen mit der Antwort des Cultusministers 
zufriedengestellt, fühlt sich jedoch veranlaßt, nochmals in einer bedeutenden mit 
stürmischem Beifall aufgenommenen Rede auf den eigentlichen Gegenstand seiner 
Interpellation zurückzukommen, daß für ihn nämlich die Frage: ob das Statut 
bestehende Gesetze abändere, entschieden und die Ausführung irgendwelcher Be- 
schlüsse des Katholiken-Congresses ohne Genehmigung des Reichstags daher 
nicht zu gestatten sei. „Seit das Reich besteht“ — sagt Ghiczy — „existirt 
keine Autonomie der katholischen Kirche, die Einführung derselben bedarf also 
der Genehmigung des Reichstags. Selbst der König kann nicht die Statuten 
bindend sanctioniren, ohne einen Verfassungsbruch zu begehen.“ 
„ (Oesterreich.) Reichsrath, Abg.-Haus: Das Ministerium Hohen- 
wart bringt endlich die Vorlage wegen Erweiterung der Gesetzgebungs- 
initiative der Landtage ein. Dieselbe wird einem aus dem ganzen 
Hause zu wählenden Ausschusse von 24 Mitgliedern überwiesen. 
Dieselbe lautet: § 1. Den Landtagen der im Reichsrathe vertretenen 
Königreiche und Länder steht das Recht zu, in Angelegenheiten, welche nach 
§ 11 des Grundgesetzes über die Reichsvertretung dem Reichsrathe vorbehalten 
und in dem § 5 des gegenwärtigen Gesetzes nicht ausgenommen sind, Gesetz- 
vorschläge zu beschließen, die mit Zustimmung des Reichsrathes und nach er- 
folgter Sanction des Kaisers für das betreffende Land Gesetzeskraft erlangen. 
§ 2. Gesetzvorschläge dieser Art gelangen durch Vermittlung der Regierung 
an den Reichsrath und sind von diesem als Vorschläge der Landtage in Ver- 
handlung zu nehmen. § 3. Der Reichsrath hat sich bei dieser Verhandlung 
auf die Prüfung zu beschränken, ob das von dem Landtage vorgeschlagene 
Gesetz mit den. Interessen des Reiches vereinbar sei oder nicht und hienach dem
	        
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