Full text: Europäischer Geschichtskalender. Chronik und geschichtlicher Überblick der denkwürdigen Jahre 1870 und 1871. Zweiter Band. (11a)

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Oesterreich-Angarn. 
wiesen würden, wie nicht minder, wenn dem Leiter der Negierung, welche die 
verschiedenen Ressorts des öffentlichen Dienstes als oberste Behörde im Lande 
besorgt, dieselbe Verantworlichkeit obliegen würde. Die mannichfachen Bezieh- 
ungen unter den böhmischen Kronländern wären der Gegenstand von 
Auseinandersetzungen durch die Landesausschüsse und Landtags-De- 
putationen. 
„Der treugehorsamste Landtag stellt weiter die Bitte, Eure Majestät möge 
allergnädigst dem ersehnten Werke des staatsrechtlichen Ausgleiches die Vollendung 
dadurch gewähren, daß Eure Moajestät nach Recht und geheiligter Sitte die 
Erbhuldigung Ihrer getreuen Markgrafschaft entgegennehmen. Wenn 
Eure Majestät geruhen würden, zur Theilnahme an diesem weihevollen Acte 
auch die Träger des bis zum Jahre 1848 bestandenen Verfassungsrechtes zu 
berufen, so würde hiedurch die Continuität des Rechtes und der Ueber- 
gang von den älteren Verfassungsformen, die sich in Mähren schon inmitten 
der Bewegung des Jahres 1848 organisch fortzubilden begonnen haben, zu 
den neugeschaffenen Institutionen vermittelt werden. 
„Damit aber der Landtag, der durch die Annahme der den geänderten 
Verhältnissen entsprechenden Landesordnung den Ausgleich in der für das Land 
legalen Weise vollziehen soll, jene Zusammensetzung finde, welche dauernd den 
getreuen Ausdruck des Landes und Volkes der Markgrasschaft vorstellte, ist die 
Schaffung einer gerechten, alle berechtigten Interessen zur Geltung bringenden 
Wahlordnung ein dringendes Bedürfniß. Der treugehorsamste Landtag 
erkennt die demselben gewordene Vorlage einer Wahlordnung für eine wesent- 
liche Verbesserung der bisherigen Wahlgesetze. Wenn er die Berathung dieser 
Vorlage in dieser Session nicht beendigt hat, so geschah es, weil er an diese 
Berathung mit jener Vorbereitung aller zur gründlichen Erledigung nöthigen 
Daten und nach Erwägung der zahlreichen ihm diesfalls zugekommenen Wünsche 
schreiten will, welche jede einseitige Beurtheilung ausschließt und die volle Ueber- 
einstimmung des Landtages mit Eurer Majestät Regierung anhoffen läßt. 
Die Pflicht dieser sorgfältigen Prüfung wird durch den Umstand erhöht, daß 
ein Theil der Abgeordneten sich in dieser Session von den Berathungen des 
Landtages ferngehalten hat, was der Landtag im Interesse der Verständigung 
im Lande auf das schmerzlichste bedauern muß. Der treugehorsamste Landtag 
bittet daher, Eure Majestät wolle nach dem Schlusse der bevorstehenden Reichs- 
rathssession allergnädigst den Landtag zu einer Session einberufen, um die hoch- 
wichtige Vorlage der Wahlordnung zu erledigen. 
„Ew. Majestät! Wenn nach dem beendigten Werke des Ausgleiches das 
durch die Schwankungen der letzten Jahre erschütterte öffentliche Recht wieder 
auf den durch Jahrhunderte gefestigten alten Grundlagen ruhen wird, dann 
wird auch durch eine Regierung, der ein unverrückbares Ziel vorgesetzt ist, 
die Versöhnung der Gegensätze im Lande erreicht werden können. Große und 
dauernde Staatsacte, wie das von Eurer Majestät angestrebte Werk des staats- 
rechtlichen Ausgleiches, waren in der Geschichte unseres Reiches immer nur 
das Resultat stetiger, wenn auch nicht rascher Entwicklung. Eurer Majestät 
weiser Umsicht und festem Wollen wird mit Gottes Beistande und mit der 
loyalen Unterstützung Ihrer Völker das Werk der Verständigung gelingen, 
und die Markgrafschaft Mähren wird Eurer Majestät bei dem begonnenen 
Werke mit stets bewährter Treue zur Seite stehen.“ 
13. Oct. (Oesterreich: Krain.) Landtag: Die slovenische Majorität richtet 
eine Adresse an den Kaiser, in der sie sich mit den böhmisch-zechischen 
Fundamentalartikeln einverstanden erklärt, nur gegen die czechische 
Quoten-Politik Bedenken äußert und die Schwierigkeit, das historische 
Herzogthum Krain und das Zukunftsreich eines Königreichs Slavonien 
gleichmäßig zu betonen, möglichst zu umgehen sucht.
	        
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