England. 345
8. Mai. Die gemischte Commission in Washington einigt sich über einen
Vertrag bez. der Differenzen zwischen England und den Vereinigten
Staaten über die Fischerei= und die sog. Alabamafrage, nach welchem
die letzte einem Schiedsgerichte zur Entscheidung übergeben werden soll.
Der Vertrag zwischen England und den Verein. Staaten
enthält nach einigen einleitenden Worten über das Bestehen von Differenzen
zwischen England und den Vereinigten Staaten den Ausdruck des Bedauerns
über das Entrinnen der „Alabama“ und anderer Fahrzeuge und üÜber die von
diesen Schiffen verübten Räubereien als Motiv zur Einsetzung der Commission.
Es heißt sodann weiter: Die contrahirenden Parteien einigen sich, alle An-
sprüche, welche gewöhnlich unter dem Namen der Alabama-Ansprüche einbe-
griffen werden, einem Schiedsgerichte zu überweisen, welches aus fünf
Richtern bestehen soll. Davon ernennt der Präsident der Union sowie die
Königin von England je einen. Der König von Italien, der Präsident der
Schweiz und der Kaiser von Brasilien sollen ebenfalls ersucht werden, je einen
Schiedsrichter zu diesem Tribunal zu ernennen. Sollte der eine oder der
andere von den Schiedsrichtern aus irgend einem Grunde nicht an den Ver-
handlungen theilnehmen können, so wählt der betreffende Ernenner einen neuen
an seiner Statt. Sollte sich der König von Italien, der Präsident der
Schweiz oder der Kaiser von Brasilien weigern, oder zwei Monate nach dem
Empfang des betreffenden Gesuches cs noch unterlassen haben, Schiedsrichter zu
ernennen, so soll der König von Schweden ersucht werden, eine oder mehrere
Personen zu ernennen, um die Zahl des Schiedsgerichtes zu füllen. Die
Schiedsrichter sollen möglichst bald nach ihrer Ernennung in Genf zusammen-
treten und unparteiisch und sorgfältig an die Untersuchung und Entscheidung
Über sämmtliche Fragen gehen, welche ihnen von den Regierungen der Ver-
einigten Staaten und Englands vorgelegt werden. Alle in Erwägung ge-
zogenen Fragen, einschließlich des Endergebnisses, sollen durch die Mehrheit
aller Schiedsrichter erledigt werden. Jede von beiden contrahirenden Parteien
soll eine Person ernennen, welche als ihr Agent und Vertreter den Verhand-
lungen beiwohnt. In sechs Monaten nach der Auswechselung der Ratificationen
soll jede von beiden Parteien die schriftliche Aufstellung des Thatbestandes von
ihrer Seite nebst den dazu gehörigen Belegen einreichen, worauf ein weiterer
Zeitraum von vier Monaten gegeben ist, um auf beiden Seiten eine etwa ge-
wünschte Gegenaufstellung nebst Belegen zu gestatten. Bei der Entscheidung
sollen folgende drei Grundsätze, nebst solchen Grundsätzen des
Völkerrechts, welche damit im Einklange stehen, maßgebend sein:
Eine neutrale Regierung ist verpflichtet 1) schuldige Sorgfalt zu verwenden,
um innerhalb ihrer Jurisdiction die Ausrüstung, Bewassnung oder Equipirung
von Schiffen, welche sie mit gutem Grunde für bestimmt hält, Caperei zu
treiben, oder Krieg zu führen gegen eine andere Macht, mit der sie auf fried-
lichem Fuße steht, zu verhindern und dieselbe Wachsamkeit anzuwenden, um
das Auslaufen solcher Schiffe zu verhindern, wenn dieselben ganz oder theil-
weise innerhalb ihrer Jurisdiction zum Kriegsgebrauch hergerichtet worden
sind; 2) nicht zu gestatten oder zu dulden, daß einer von den Kriegführenden
ihre Häfen oder Gewässer als Operationsbasis zur Auffüllung seiner Kriegs-
vorräthe oder zur Anwerbung von Mannschaften benutze; 3) schuldige Sorg-
falt zu verwenden in den eigenen Gewässern und Häfen, und bezüglich aller
Personen innerhalb ihrer Jurisdiction, um jede Verletzung der obengenannten
Pflichten zu verhindern. J. brittische Majestät hat ihre Commissäre ange-
wiesen, zu erklären: daß sie nicht den vorstehenden Grundsätzen als Verkörpe-
rung der zur Zeit, wo die Ansprüche erwuchsen, geltenden internationalen
Rechtsgrundsätze ihre Zustimmung gibt, sondern daß nur, um ihren Wunsch
zu bekunden, die freundschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Ländern zu
stärken und befriedigende Vorkehrungen für die Zukunft zu treffen, ihre Re-