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Italien jedoch nicht völlig möglich sei. Die Grundlage der preußischen Ein-
richtung bestehe in dem territorialen Character der Armeecorps, Divisionen
und Regimenter, während die einzelnen tactischen Körper des italienischen
Heeres sich unterschiedslos aus Elementen aller Provinzen des Staats zu-
sammensetzten. Dieses letztere System mühsse auch fernerhin beibehalten werden,
schon darum weil es zur Unification des Landes mächtig beigetragen habe.
Der Entwurf des Kriegsministers Ricotti für die Reorganisation der italieni-
schen Armee sieht also ab von der territorialen Grundlage der preußischen
Heereseinrichtung. Aber er führt auch nicht das preußische System der allge-
meinen Wehrpflicht ein, oder doch nur in derart verdünnter Form, daß man,
würde es nicht ausdrücklich gesagt, nicht merkte, daß noch etwas davon da sei.
Wie bisher, so sollen auch fortan die Dienstpflichtigen durch das Loos in zwei
Kategorien unterschieden werden; es soll zwar nicht mehr möglich sein, sich
durch Loskauf völlig vom Militärdienst zu befreien, wohl aber sich aus der
ersten in die zweite Kategorie versetzen zu lassen. Die Dienstzeit der ersten
Kategorie soll zwölf Jahre betragen (bisher elf), darunter drei bis vier Jahre
unter den Waffen; das gilt für Infanterie, Genie und Artillerie. Die Dienst-
zeit der Cavallerie wird zehn Jahre betragen, wovon fünf unter den Waffen.
Die Leute der zweiten Kategorie werden nur einmal auf fünf Monate einbe-
rufen, um den ersten militärischen Unterricht zu erhalten; ihre Dienstzeit soll
fortan neun Jahre dauern (statt fünf), für die ersten drei Jahre gehören sie
dem activen Heer an, welchem sie indessen nur im Kriegsfall einverleibt wer-
den. In Friedenszeiten setzt sich das active Heer aus drei bis vier Classen
der ersten Kategorie zusammen in einer Gesammtstärke von 184,500 Mann.
In Kriegszeiten erhöht es sich, die Reserve inbegriffen, auf 420,000 Mann.
Neben dem activen Heer sollen Bezirksmilizen gebildet werden, welche im Gegen-
satz zu dem für jenes beibehaltenen nicht provinciellen Character sich aus pro-
vinciellen Elementen zusammensetzen; und zwar sollen diese Milizen bestehen,
zum Theil aus Soldaten der letzten drei Jahresclassen der ersten Kategorie,
zum andern Theil aus den Dienstpflichtigen der letzten sechs Jahresclassen der
zweiten Kategorie. Die Gesammtstärke der Bezirksmilizen soll 330,000 Mann
betragen, so daß also Italien für den Kriegsfall über 750,000 Mann verfügte.
März. II. Kammer: Der Finanzminister Sella unterbricht die Be-
rathung des Garantiegesetzes durch eine vorläufige Darlegung der
Finanzlage, die zwar die Zunahme der Staatseinnahmen constatirt,
aber, in Folge der außerordentl. Ereignisse des vergangenen Jahres,
ein bedeutendes Deficit in Aussicht stellt, für dessen Deckung er vor-
schlägt, die Masse der umlaufenden Banknoten um 150 Mill. (von
850 auf 1000) zu erhöhen und auf alle directen Steuern einen Zu-
schlag von einem Zehntel zu legen.
„ II. Kammer: beendigt auch den zweiten Theil des Garantiegesetzes
und nimmt denselben schließlich mit 185 gegen 106 Stimmen an.
Ein Zusatzantrag Mordini's zu erklären, daß die in dem Garantie-
gesetz enthaltenen Principien nicht Gegenstand internationaler Abmachung
werden dürften, wird mit 191 gegen 109 Stimmen verworfen.
April. Ein großer Theil der Professoren der Universität Rom erläßt
eine Zustimmungsadresse an Döllinger in München bez. seiner energi-
schen Opposition gegen die päpstl. Unfehlbarkeit.
„ Senat: Beginn der Berathung des Garantiegesetzes.