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12. Juni. Die Regierung veröffentlicht eine bedeutsame Aenderung des
Strafgesetzbuches in Betreff der „Diener des Cultus“. Dieselbe lautet:
Die Art. 268, 269 und 270 des Strafgesetzbuchs vom 20. Nov. 1859
sind aufgehoben, und es treten solgende Bestimmungen an ihre Stelle: Art. 268.
Ein Diener des Cultus der bei Ausübung seines Berufs durch eine in öffent-
licher Versammlung gesprochene oder verlesene NRede oder durch anderweitig
veröffentlichte Schriftstücke die Einrichtungen und Gesetze des Stäats, ein kgl.
Decret oder irgendeinen andern Act der öffentlichen Gewalt ausdrücklich ge-
tadelk oder durch eine andere öffentliche Handlung geschmäht hat, wird mit
Gefängniß bis zu sechs Monaten und einer Geldbuße bis zu 1000 Lire be-
straft. Art. 269. Wenn die Rede, das Schriftstück oder die öffentliche Hand-
lung, deren. im vorigen Artikel gedacht ist, darauf abzielen, Ungehorsam gegen
die Staatsgesetze oder die Acte der öffentlichen Gewalt hervorzurufen, so wird
die Strafe in Gefängniß von sechs Monaten bis zu zwei Jahren und in einer
Geldbuße von 1000 bis 2000 Lire bestehen. Folgen auf die Aufreizung
Nuhestörungen oder ein Aufstand, so soll der Urheber, wenn er nicht Mit-
schuldiger dabei ist, mit Gefängniß von zwei bis zu fünf Jahren und einer
Geldbuße von 2000 bis 3000 Lire belegt werden. Art. 270. Jede andere
Handlung, welche nach den Strafgesetzen oder dem Preßgesetz ein Verschulden
in sich schließt, wird, wenn sie von einem Diener des Cultus in Ausübung
seines Berufs begangen worden ist, mit den daselbst angedrohten Strafen ge-
ahndet werden, unter Ausschluß des in den bezüglichen Gesetzen bestimmten
Strafminimums. 4
15. „ II. Kammer: genehmigt den Gesetzesentwurf bez. Unterstützung des
Gotthardprojectes einschließlich eines Zusatzes, der die Regierung zur
Emission einer fünfprocentigen Anleihe behufs Bezahlung des auf
Italien treffenden Betrages ermächtigt.
22. „ II. Kammer: genehmigt auch ihrerseits die Armeereform nach den
Vorschlägen der Regierung mit 139 gegen 73 Stimmen.
Die erste Recrutenaushebung in Rom erfolgt in ganz befriedigen-
der Weise.
24. „ II. Kammer: nimmt das von der Regierung verlangte Sicherheits-
gesetz an, wählt eine Deputation für den Empfang des Königs in
Rom und schließt damit ihre Sitzungen in Florenz.
1. Juli. Sämmtliche Ministerien, namentlich auch dasjenige der ausw.
Angelegenheiten, installiren sich in Nom. Die Verlegung des Regie-
rungssitzes ist damit eine vollendete Thatsache.
. „ Der König trifft in Rom ein und hält, vom Kronprinzen, dem
Municipalrath, den Ministern und den Präsidenten beider Kammern
des Parlaments empfangen, einen großartigen Einzug in die Stadt.
Die Truppen, ca. 8000 Mann Nationalgarden, und zahlreiche De-
putationen mit Fahnen und Musik bilden Spalier. Der König nimmt
seine Wohnung im Ouirinal und empfängt eine Deputation von
100 Municipien. Der Sindaco von Florenz, Peruzzi, stellt sie dem
Könige vor und dieser antwortet:
„Ja, wir sind in Rom, und wir werden darin bleiben; um darin zu
bleiben, werden wir, wenn es nöthig sein sollte, kräftige Maßregeln ergreifen,
denn die Geschicke Roms sind gegenwärtig die Geschicke des ganzen Vaterlandes.“