Rom. 423
in der poltitischen Ordnung ausgerüstet wäre, sich auch nicht mehr, mag man
seine Person oder die Acte des Apostolischen Amtes ins Auge fassen, dem
Willen des Herrschers, dem er unterstände, und der sogar ein Irrgläubiger
oder ein Verfolger der Kirche oder im Krieg oder Kriegszustande mit anderen
Fürsten sein könnte, zu entziehen vermöchte. Und in der That, ist nicht selbst
diese Concession der Bürgschaften, von denen Wir sprechen, an sich ein klares
Document, daß man Uns, denen von Gott die Autorität verliehen worden ist,
Gesetze zu geben, welche die moralische und religiöse Ordnung betreffen, und
die Wir als Ausleger des natürlichen und göttlichen Rechtes in der ganzen
Welt bestellt sind, Gesetze auferlegt, und solche Gesetze, die auf die Regierung
der ganzen Kirche sich beziehen, und für deren Erhaltung und Ausführung
es kein anderes Recht gibt, als was der Wille der Laiengewalten vorschreibt
und festsetzt! Was das Verhältniß zwischen der Kirche und der weltlichen
Gesellschaft betrifft, so wisset ihr sehr gut, ehrwürdige Brüder, daß Wir alle
zur Leitung der gesammten Kirche nothwendigen Prärogative und alle Rechte
der Autorität in der Person des heil. Petrus von Gott direct selbst empfangen
haben, so wie daß jene Prärogative und Rechte und die Freiheit der Kirche
selbst mit dem Blute Jesu Christi erkauft und erworben worden, und nach
dem unendlichen Werthe seines göttlichen Blutes zu schätzen seien. Wir würden
Uns daher, was ferne sei, um das göttliche Blut Unseres Erlösers gar schlecht
verdient machen, wenn Wir diese Unsere Rechte, namentlich so vermindert und
geschändet, wie man sie Uns jetzt übergeben möchte, von den Fürsten der Erde
annehmen würden. Denn Söhne, nicht Herren der Kirche sind die christlichen
Fürsten... Das alles, wie Wir müssen, bedenkend und erwägend, sind Wir
abermals zu bestätigen und standhaft zu bekennen genöthigt, was Wir wieder-
holt mit eurer einmüthigen Zustimmung erklärt haben, nämlich daß die welt-
liche Herrschaft des heiligen Stuhles dem römischen Papste durch einen
besonderen Rathschluß der göttlichen Vorsehung verliehen, und daß sie noth-
wendig sei, damit der römische Papst, nie einem Fürsten oder einer weltlichen
Gewalt unterworfen, die von Christus dem Herrn selbst empfangene oberste
Gewalt und Autorität, die ganze Heerde des Herrn zu weiden und zu leiten,
in der ganzen Kirche mit vollster Freiheit ausüben und für das Beste, für
den Nutzen und die Bedürfnisse der Kirche sorgen könne. Gebe Gott, daß
die Fürsten der Erde, denen am meisten daran gelegen sein muß, daß
nicht ein solches Beispiel der Vergewaltigung, wie Wir sie erdulden, zum Ver-
derben jeder Gewalt und Ordnung gegeben werde und fortbestehe, alle mit
übereinstimmendem Herzen und Willen sich verbinden und nach Beseitigung
der Zwietracht, nach Beilegung der Wirren des Aufruhrs und nach Vereitelung
der verderblichen Anschläge der Secten, gemeinsam bemüht sein mögen, daß
diesem heiligen Stuhl seine Rechte und mit ihm dem sichtbaren Haupte der
Kirche seine volle Freiheit und der bürgerlichen Gesellschaft die ersehnte Ruhe
wieder gegeben werde.
16. Juni. Feier des seit Petrus beispiellosen 25jährigen Jubiläums Pius IX.
als Papstes. An der großen kirchlichen Ceremonie im St. Peter
nimmt der Papst nicht Theil, dagegen empfängt er an diesem und
den folgenden Tagen eine endlose Reihe von Deputationen aus allen
Gegenden der Welt, die ihm zum Theil auch reiche Geschenke dar-
bringen. Die kath. Fürsten schicken zur Beglückwünschung eigene Ge-
sandte an ihn; derjenige des Königs von Italien wird indeß nur von
Antonelli, nicht aber vom Papste selbst empfangen.
20. Juli. Erklärung des Papstes über die Tragweite der Unfehlbarkeit.
Sie erfolgt gegenüber einer von dem Kardinal Asquini geführten Depu-
tation der Akademie der katholischen Religion, die vielleicht gerade zu dem