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Türkei.
26. Juni. (Rumänien.) II. Kammer: Die Regierung legt derselben einen
27.
mit den Bevollmächtigten der Eisenbahnconcessionäre Strousberg 2c.
abgeschlossenen Vergleichsvertrag vor. Die Kammer votirt ohne
Widerstand die Dringlichkeit der Behandlung.
„ (Tunis.) Differenzen mit Italien. Die Pforte wird von den
tunisischen Großen als souveräne Macht um Hilfe angerufen.
„ Der griechische Patriarch, Gregor VI., erhebt, Anfangs von Ruß-
land unterstützt, Widerspruch gegen das bulgarische Organisationsstatut,
bestreitet der Pforte das Recht der Entscheidung und verlangt,
daß der bulgarisch-griechische Kirchenstreit nicht als administrative, sondern
als streng canonische Frage betrachtet und einzig vor dem begehrten öcume-
nischen Concil zum Austrag gelangen solle. Er protestirt zugleich zum voraus
gegen alle Beschlüsse der bulgarischen Nationalversammlung als anticanonische
und unberechtigte. Auf dem vom Patriarchat beabsichtigten Concil wäre es
der Mehrheit vollkommen sicher gewesen. Die wenigen bulgarischen Kirchen-
fürsten würden von den zahlreichen hellenisch-fanariotischen Bischöfen der grie-
chischen Kirchen von Konstantinopel, Jerusalem, Alexandria, Antiochia und
Cypern voraussichtlich niedergestimmt worden sein, und die fortgesetzte Helleni-
sirung des Bulgarenvolkes würde durch das h. Concil sogar eine canonische
Approbation erhalten haben, gegen welche es mit den Worten des Patriarchen
an Aali-Pascha (4. Nov. 1870) „keine Appellation gibt!“
Schließlich wird jedoch der Patriarch sowohl von Rußland als von
Serbien im Stich gelassen und sieht sich genöthigt, seine Entlassung
einzugeben.
6. Juli. (Montenegro.) Der Fürst feiert wieder eine Kindstaufe.
10.
17.
Der Kaiser von Rußland schickt dazu den Fürsten Dolgoruki, der
Kaiser von Oesterreich den F. M. L. Rodic.
„ Ein Flottengeschwader geht mit einem Commissär des Sultans
nach Tunis ab.
„ (Rumänien.) II. Kammer: Beschlüsse in der Eisenbahnfrage.
Dieselben entsprechen den billigen Erwartungen des Fürsten keineswegs.
Nachdem die Regierung, überzeugt, daß der von ihr eingebrachte und eifrig
befürwortete Antrag eines Ausgleiches mit dem Concessionär Dr. Strousberg
die Genehmigung der Kammer nicht erhalten würde, denselben zurückgezogen,
hatte die Kammer nach einer mehrtägigen hitzigen Debatte auch den Vorschlog
einer Conversion der ursprünglich 7½procentigen Eisenbahnobligationen in
fünfprocentige, durch die Staatseinkünfte gesicherte Staatsobligationen mit 59
gegen 56 Stimmen verworfen. Selbst ein Vermittlungsproject, die Eisenbahn-
papiere in nur vierprocentige Staatsobligationen zu convertiren, fiel durch.
Der schließlich gefaßte positive Kammerbeschluß resumirt sich im Wesentlichen
dahin: „Ein Schiedsgericht habe zusammenzutreten, um die Concession zu
annulliren; die Obligationsbesitzer sollen aufgefordert werden, eine Actiengesell-
schaft zu bilden, welche den Ausbau sämmtlicher projectirter Bahnlinien voll-
ende, nach deren Vollendung und Betriebseröffnung die rumänische Regierung
7½ Procent jährlicher Zinsen garantire, Das heißt, die gegenwärtigen Besitzer
der Obligationen sollen außer dem ausgelegten Gelde weitere 40 bis 50 Proc.
einige Jahre unverzinst hergeben, in der Hoffnung, daß die rumänische Ke-
gierung seinerzeit so gnädig sein wird, ihre eingegangenen Verpflichtungen