Peilagen. 473
4.
Londoner Vertrag betreffend eine neue Regelung der Verhältnisse des
Schwarzen Meeres d. d. 13. März 1871.
Artikel 1. Art. 11, 13 und 14 des Pariser Vertrages vom 30. März 1856,
wie die zwischen der Hohen Pforte und Rußland abgeschlossene und dem besagten
Art. 14 beigefügte Convention werden aufgehoben und durch den folgenden Artikel ersetzt.
Artikel 2. Das Princip der Schließung der Dardanellen und des Bosporus,
wie dasselbe durch den Separatvertrag vom 30. März 1856 hergestellt worden, wird
aufrechterhalten, sowie die Macht Sr. kaiserlichen Majestät des Sultans, die genannten
Meerengen in Friedenszeiten den Flotten der befreundeten und alliirten Mächte, falls
die Ausführung der Stipulationen des Pariser Vertrages vom 30. März 1856 es
erfordern sollte, zu öffnen.
Artikel 3. Das Schwarze Meer bleibt wie bisher den Handelsmarinen aller
Nationen geöffnet.
Artikel 4. Die durch Artikel 16 des Pariser Vertrages errichtete Commission,
in welcher jede der Mächte, die gemeinschaftlich den Vertrag unterzeichneten, durch einen
Delegirten repräsentirt ist, und die mit dem Entwurf und der Ausführung der unter-
halb Isalitscha nothwendigen Arbeiten betraut wurde, um die Mündung der Donau,
sowie die benachbarten Theile des Schwarzen Meeres von Sandbänken und anderen
Hindernissen frei zu machen, damit dieser Theil des Flusses und die genannten Theile
des Meeres in besten Zustand für die Schifffahrt gesetzt werden, verbleibt in ihrer
gegenwärtigen Zusammensetzung. Die Dauer dieser Kommission ist auf einen weiteren
Zeitraum von 12 Jahren, und zwar vom 24. April 1871 bis 24. April 1883 —
dem Termin zur Einlösung des von dieser Commission unter der Garantie von
Deutschland, Oesterreich, Ungarn, Frankreich, Großbritannien, Italien und der Türkei
contrahirten Anlehens — festgestellt. —
Artikel 5. Die Bedingungen des Wiederzusammentrittes der durch Art. 17
des Pariser Vertrages vom 30. März 1856 gebildeten Fluß-Commission soll durch
eine vorhergehende Verständigung zwischen den Flußmächten ohne Präjudiz der auf
die drei Donaufürstenthümer Bezug habenden Clausel festgestellt werden, und insoferne
irgend welche Modificirung des Artikels 17 des genannten Vertrages involvirt sein
mag, so soll letztere der Gegenstand einer Special-Convention zwischen den Signatar-=
mächten bilden.
Artikel 6. Die Mächte, welche die Küsten dieses Theiles der Donau besitzen,
wo die Katarakte und die Eisernen Thore der Schifffahrt Hindernisse bereiten, indem
sie sich vorbehalten, behufs Beseitigung dieser Hindernisse zu einer Verständigung zu
kommen, erkennen den hohen kontrahirenden Parteien das Recht zu, bis zur Tilgung
der zur Ausführung der Arbeiten contrahirten Schuld eine provisorische Abgabe auf
Handelsschiffe jeder Flagge, welche von nun an dadurch Nutzen ziehen, zu erheben
und sie erklären, daß Artikel 15 des Pariser Vertrages von 1856 auf diesen Theil
des Flusses für den zur Rückzahlung der qu. Schuld nothwendigen Zeitraum keine
Anwendung findet.
Artikel 7. Alle durch die europäische Commission in Ausführung des Pariser
Vertrages von 1856 oder des gegenwärtigen Vertrages errichteten Bauten und Eta-
blissements sollen fortfahren, sich derselben Neutralität zu erfreuen, die sie bisher ge-
schützt hat und welche seitens der hohen contrahirenden Parteien unter allen Umständen
in gleicher Weise für die Zukunft respectirt werden wird. Die daraus entspringenden
Vortheile der Privilegien erstrecken sich auf das gesammte Verwaltungs= und Inge-
nieur-Personal der Commission. Wohlverstanden afficiren die Bestimmungen dieses
Artikels in keiner Weise das Recht der Hohen Pforte in ihrer Eigenschaft als Terri-
torialmacht, wie bisher ihre Kriegsschiffe in die Donau zu senden.
Artikel 8. Die hohen contrahirenden Parteien erneuern und bestätigen alle
Stipulationen des Vertrages vom 30. März 1856, sowie auch deren Anhänge, die
durch den gegenwärtigen Vertrag nicht annullirt oder modificirt sind,