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Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder.
Bedenken erachte er Abänderungen der Verfassung für Fragen des inneren
Staatsrechtes; man werde im Bundesrathe nicht fragen, warum der Bevoll-
mächtigte so oder so stimme, sondern nur darnach, wie er stimme. Das
Warum müsse durch ein Landesgesetz geordnet werden. Abg. Kolb: Art. 62
müsse mit Art. 60 und 5 in Verbindung gebracht werden. Bezahlt müsse
das Geld werden. Die Verausgabung solle allerdings durch das Etatsgesetz
festgestellt werden. Aber wie werde es damit gehalten ? Die preußische Ver-
fassung enthalte sogar die ausdrückliche Bestimmung, daß die erhobenen
Steuern ohne Genehmigung des Budgets Seitens des Landtags nicht veraus-
gabt werden dürften. Gleichwohl habe, wie allgemein bekannt, die preußische
Regierung nicht eine Sekunde angestanden, diese Gelder wirklich ohne Ge-
nehmigung des Landtages auszugeben. Wenn dort die ausdrückliche klare
Gesetzesbestimmung nicht die geringste Beachtung gefunden habe, so werde man
hier auf eine bloße Deduktion aus dem Gesetze noch viel weniger Werth legen.
Das Geld werde nicht in dem Kasten liegen bleiben. Barth: Bayern habe
ja vertragsmäßig sein Geld selbst zu verausgaben. v. Lutz: Das innere Staats-
recht gestatte allerdings eine gesetzliche Regelung der Instruktion des bayr.
Vertreters im Bundesrathe. Die Bestimmung über die Fortbezahlung der
225 Thlr. nach dem 31. Dez. 1871 stehe nicht in dem bayrischen Vertrage.
Kolb: Auf diese Erklärung könne man sich nicht verlassen; der mächtigere
Staat werde auf die Erfüllung der allgemeinen Verpflichtung dringen. Jörg:
Die angedrohte Isolirung Bayerns sei ein Schreckgespenst. Vor Allem sei zu
bemerken, daß wir nicht am Ende einer großen Entwicklung, sondern in der
Mitte derselben stünden. Niemand würde Bayern von außen etwas anhaben
wollen. Preußen werde bei den unausbleiblichen Verwicklungen der Zukunft
unter allen Umständen froh sein müssen um die Beihilfe Bayerns. Gerade
für Bayern falle aber die gebotene Rücksicht auf Oesterreich schwer ins Gewicht;
die Verträge wären ein schroffer Bruch zwischen uns und den deutschen Brüdern
drüben, ein blutiger Schnitt durch eine natürliche Verbindung, der sich rächen
müßte. Bayern könnte gezwungen werden, an der Seite einer preußisch-
russischen Allianz gegen die Deutschen in Oesterreich zu kämpfen. Diesen Ge-
danken könne er nicht ertragen. Es sei geäußert worden, man habe sich immer
geweigert, das uns Gebotene rechtzeitig anzunehmen, das Umgekehrte sei aber
der Fall: die Kammer habe von Stadium zu Stadium nachgegeben, gebe sie
noch einmal nach, dann werde allerdings nichts mehr zu machen sein. Gegen
den Satz, daß die Verwerfung der Verträge eine Ermuthigung der Franzosen
und eine Verlängerung des Krieges bedeute, müsse entschieden Protest erhoben
werden. Er theile nicht die Ansichten Derjenigen, welche von einem Separat-
frieden und von Zurückziehung der bayrischen Truppen träumten; was bei
einem freien Allianzkrieg zulässig hätte sein können, sei nach Anerkennung des
casus foederis eine rechtliche Unmöglichkeit, es wäre ein Akt der Felonie,
nachdem der König von Preußen vertragsmäßig der Oberkommandant der
bayrischen Armee sei. Die Annahme oder Verwerfung der Verträge habe
aber in Bezug auf den Krieg gar keinen Einfluß; die Franzosen würden so
wie so die hellblauen Waffenröcke vor Augen haben bis zum Ende und sich
überzeugen können, woran sie mit uns seien. Man sage, die im Felde stehen-
den Soldaten sehnten sich nach einer solchen Einheit. Er glaube aber fest an-
nehmen zu dürfen, daß die bayrischen Soldaten nach dem glorreichen Kampf
und in dem Uebermaß ihrer Leiden sich sehnten, in ihr liebes altes Bayern-
land zurückzukehren, aber nicht in eine — preußische Provinz. Darauf
wurde abgestimmt und der Antrag des Referenten auf Versagung der
Zustimmung mit 12 gegen 3 Stimmen und die angefügte Bitte an Se. Maj.
den König mit 11 gegen 4 Stimmen angenommen. — In der Sitzung vom
31. Dezember erklärte der Finanzminister bezüglich der aus Anlaß der
regierungsseitigen Berechnung des bayrischen Mehraufwands vom Abg. Kolb
verfaßten Denkschrift. Um eine weitere Verzögerung des Geschäftsgangs zu