Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dreizehnter Jahrgang. 1872. (13)

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Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. 
Deutschland einen zum alten katholischen Glauben sich bekennenden Bischof 
haben, fremde Bischöfe, insbesondere die Bischöfe der Utrechter und der arme- 
nischen Kirche, zur Vornahme bischöflicher Functionen, insbesondere zur Spen- 
dung der Firmung und zur Ordination von geeigneten Candidaten des geist- 
lichen Standes angegangen werden können. Wir wahren uns ferner im 
Anschlusse an jene Resolution das Recht, eine regelmäßige bischöfliche Juris- 
diction dadurch herzustellen, daß würdige Männer von den dem alten kathol. 
Glauben treugebliebenen Priestern und den Vertretern der Gemeinden zu 
Bischöfen gewählt und von einem rechtgläubigen Bischof geweiht werden und 
daß dieselben zunächst in der Weise der Missionsbischöfe der alten Kirche 
sungiren.“ 
II. betr. die Rechte der Altkatholiken: Die Regierungen Deutsch- 
lands, Oesterreichs und der Schweiz sollen aufgefordert werden, diejenigen 
Bischöfe, welche die Altkatholiken nach einer von dem Congresse aufzustellenden 
Wahlordnung wählen würden, als Bischöfe der katholischen Kirche anzusehen 
und denselben staatliche Dotationen zu gewähren, den altkatholischen Priestern 
die Fähigkeit zur Berufung auf Staats= und Patronatspfründen anzuerkennen, 
ausländischen altkatholischen Bischöfen das Recht der Jurisdiction zuzugestehen, 
den Trauungen, welche die von altkatholischen Gemeinden gewählten Pfarrer 
vollziehen, und den Civilstandsregistern, welche dieselben führen, staatliche Wirk- 
samkeit beizulegen, den altkatholischen Gemeinden das Recht der juristischen 
Persönlichkeit einzuräumen, die Nichtverpflichtung der Altkatholiken zur Bei- 
tragsleistung für kirchliche Zwecke der römischen Katholiken zuzuerkennen, den 
Altkatholiken den Mitgebrauch der katholischen Kirchen zuzugestehen, sowie 
deren Nechte an den Stiftungsgütern und ihren Anspruch auf die budgetmäßig 
vom Staat für den katholischen Cultus ausgeworfenen Summen anzuerkennen. 
Inzwischen soll eine Staatsdotation für die altkath. Pfarrer verlangt werden. 
Diese Beschlüsse gehen von der Voraussetzung aus, daß die Altkatholiken die 
frühere katholische Kirche, wie sie vor den vaticanischen Decreten vom 18. Juli 
1870 war, repräsentiren, und daß die Regierungen den vaticanischen Decreten 
jede rechtliche Wirksamkeit absprechen, die römische Kirche aber als eine nach 
den valicanischen Decreten neu constituirte Kirche ohne staatliche Anerkennung 
betrachtet wird. Außerdem beantragen Appellrath Petri und Professor 
Friedrich folgende Erklärung: „Die allgemeine Einführung der obliga- 
torischen Civilehe und die Uebertragung der Führung der Civilstandsregister 
an bürgerliche Beamte erklärt der Congreß für dringend nothwendig;" dieselbe 
wird nach kurzer Debatte einstimmig angenommen, deßgleichen ein Antrag 
des Rechtsanwalts Schmidt: den altkatholischen Gemeinden zu empfehlen, die 
Wiedererlangung des Besitzes des katholischen Kirchen= uud Stiftungsvermögens 
im Wege des Processes anzustreben. 
III. betr. die Organisation der kath. Reformbewegung und 
die Agitation für dieselbe: „I. Organisation. 1) Zur Erlangung 
einer einheitlichen Organisation der katholischen Reformbewegung werden zwei 
Central-Comités gebildet, das eine in München für Süddeutschland, das an- 
dere in Köln für Norddeutschland. 2) An denjenigen Orten, wo Gesinnungs- 
genossen vorhanden sind, ernennt der leitende Ausschuß auf deren Vorschlag 
ans ihrer Mitte eine geeignete Persönlichkeit, welche als Vertrauensmann des 
leitenden Ausschusses zu fungiren bereit ist. Diese Vertrauensmänner stellen 
sich gleich nach ihrer Wahl zur Verfügung des Ausschusses und statten dem- 
selben gleichzeitig Bericht ab über die Zahl der Mitglieder an den einzelnen 
Orten, die seitherige Thätigkeit derselben, sowie über den Stand und die Aus- 
sichten der Bewegung an ihrem Orte. 3) Der leitende Ausschuß macht sich 
zur Aufgabe, den Vereins-Mitgliedern durch Vermittlung der Vertrauens- 
männer mit Rath und That beizustehen. Zu diesem Zwecke wird er dieselben 
periodisch zur Berichterstattung, unter Angabe der Punkte, über welche er 
informirt zu werden wünscht, auffordern und dieselben auf wichtige Vorkomm- 
 
	        
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