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Das deutsche Reich und seine einjelnen lleder.
der Staatsgewalt insbesondere nicht zu, die Bischöfe in der Ausübung ihrer
von Gott gegebenen Jurisdiktion zu hindern. In den Maßregeln, welche die
Staatsgewalt gegen den Armeebischof und den Bischof von Ermeland ergriffen
hat, erkennen wir einen Ausfluß des heidnischen Princips der Staatsomnipo-
tenz, welches die Katholiken niemals anerkennen dürfen. Die deutschen Ka-
tholiken werden ihren hochwürdigsten Oberhirten in dem gegen sie heraufbe-
schworenen Kampfe mit treuer Hingebung zur Seite stehen. 6) Die Lage des
hl. Vaters ist fortwährend ein Gegenstand des tiefsten Schmerzens für die
deutschen Katholiken. Sie können niemals aufhören, gegen die Frevel zu pro-
testiren, welche an dem Oberhaupte der katholischen Kirche unter den Augen
der europäischen Regierungen begangen wurden. Der Schutz des Papfstes ist
eine Pflicht, welche die Regierungen ihren katholischen Unterthanen und sich
selbst schulden." Spätere Wanderversammlungen des Vereins beschließen die-
selben Resolutionen.
9. Okt. Ein internationaler Frauentag, dessen Protektion die Prinzessin
10.
14.
Ludwig von Hessen übernommen hat, organisirt sich in Darmstadt und
bezeichnet als seinen Zweck die Heranbildung der Frauen zur Arbeit.
„ (Preußen.) Die k. Regierung in Wiesbaden untersagt die fer-
nere Abhaltung von Missionen durch Priester des Ordens der Re-
demptoristen, da dieß dem Sinn der vom Cultministerium erlassenen
Instruction zur Ausführung des Jesuitengesetzes entspreche.
„ (Preußen.) Im Sundewritt und auf der Insel Alsen ist seit
einiger Zeit eine ziemlich lebhafte Agitation unter der deutschen Be-
völkerung im Gange für ausdrückliche Beseitigung des Art. 5 des
Prager Friedens.
„ (Preußen.) In Hadersleben und Sonderburg-Apenrade fällt eine
Ersatzwahl zum Abgeordnetenhause wieder auf die dänischen Partei-
führer Ahlmann und Kryger und zwar hier mit 182 gegen 28, dort
mit 185 gegen 25 Stimmen. Die deutsche Partei bildet demnach
in Nordschleswig immer noch nur eine sehr kleine Minderheit.
„ Cessen.) Wiederzusammentritt des Landtags. Der Minister-
präsident Hofmann legt das Programm des neuen Ministeriums fol-
gendermaßen dar:
„Da die großh. Regierung in ihrer neuen Zusammensetzung heute zum
ersten Male vor dieser Versammlung erscheint, so liegt mir, den das Ver-
trauen unseres allergn. Landesherrn an die Spitze der Geschäfte berufen hat,
die Pflicht ob, Ihnen, m. h. HH., in kurzen Zügen die von Sr. k. H. dem
Großherzog ausdrücklich gutgeheißenen Grundsätze kundzugeben, nach welchen
die Regierung fortan die Verwaltung des Landes zu führen beabsichtigt. Wenn
ich dabei zunächst das Verhältniß zum deutschen Reiche ins Auge fasse,
so ist der Weg, den wir zu gehen haben, klar vorgezeichnet. Die großen Er-
eignisse der Jahre 1870 und 1871 haben Deutschland die langerstrebte Ein-
heit und zugleich eine Machtstellung verschafft, wie es sie in früherer Zeit
kaum jemals einnahm. Kein deutsches Land aber hat mehr Ursache gehabt,
die Gründung des deutschen Reichs mit aufrichtiger Freude zu begrüßen, als
gerade Hessen. Denn Hessen war der einzige deutsche Staat, dessen Gebiet
von der Main-Linie durchschnitten wurde, Die Schwierigkeiten, die hieraus
entstanden, sind noch zu lebhaft in Ihrem Gedächinisse, als daß ich sie hier
ausführlich schildern sollte. Bei dem raschen Voranschreiten der norddeutschen
Bundesgesetzgebung mußte der Zustand der Theilung unseres Landes in ein