262 Oesterreich-Angarn.
keinen Sturm zu provociren. Die Sitzung ist im Allgemeinen sehr erregt;
Menschenmassen umgeben das Haus.
10. März. (Ungarn.) Landesconferenz der Linken in Pesth. Bankett der
Linken und der äußersten Linken: Glückwunsch-Telegramm an Kossuth.
Die Linke macht mit der äußersten Linken gemeinsame Sache gegen
den Wahlreform-Gesetzentwurf.
12. „ (Oesterreich). Versammlung der böhmischen Bischöfe in Prag,
um sich über die ihnen durch die beabsichtigte Unterstützung der nie-
dren Geistlichkeit von Seite des Staats drohende Gefahr zu berathen.
13. „ (Oesterreich.) Ein kais. Patent löst nunmehr den (in seiner Mehr-
heit noch czechisch-national-feudalen) böhmischen Landtag auf. Damit
fällt das letzte Stück der Hohenwart'schen Aera und soll der Wahlreform
des Reichsraths die erforderliche Zweidrittelmajorität gesichert werden.
14. „ (Oesterreich.) Reichsrath, Abg.-Haus: Weitere Berathungen des
Verfassungsausschusses über den galizischen Ausgleich.
Erklärung des Ministerpräsidenten: „Eine gänzlich mißverstandene
Aeußerung des Hrn. Finanzministers hat die Besorgniß wachgerufen, als liege
es in der Absicht der Regierung, nach Abschluß des galizischen Ausgleichs mit
der Ausgleichspolitik auch in anderen Ländern fortzufahren. Dieser Voraus-
setzung muß ich im Namen der Regierung auf das Enischiedenste entgegen-
treten; ein solches Vorgehen liegt der Regierung vollkommen fern und wird
ihr auch steis fern bleiben. Die Regierung hat vielmehr die feste Ueberzeu-
gung, daß eben durch die endliche Lösung der galizischen Frage Bestrebungen
föderalistischer Richtung ein sehr fester Riegel vorgeschoben werde. Die Re-
gierung war deßhalb bisher auf das Eifrigste bestrebt, den galizischen Aus-
gleich einer befriedigenden Vollendung entgegenzuführen, und wird auch künftig
in dieser Weise fortfahren.“ Der Hurt lehnt deßhalb den Giskra'schen An-
trag, wonach der Ausgleich nur gleichzeitig mit den direkten Reichsrathswahlen
ins Leben treten sollte, Namens des Ministeriums unbedingt ab, indem er
bemerkt: Der Antrag sei geeignet, das Programm des Ministeriums umzu-
stoßen, ohne daß seine Annahme der Einführung der direkten Wahlen irgend-
wie die Wege ebnen könnte.
Dagegen wird der Antrag des Subcomité's, daß das Gesetz bez.
der Galizien zu gewährenden Concessionen erst dann in Wirksamkeit
zu treten habe, wenn dasselbe im Wege der Landesgesetzgebung Ga-
liziens als ein Bestandtheil der dortigen Landesordnung einverleibt
sei, angenommen, nachdem der Ministerpräsident erklärt hat, daß die
Regierung auf dieser Einverleibung bestehe.
15. „ (Ungarn.) Unterhaus: Fortgang des parlamentarischen Skan-
dals: Nach fünftägiger Debatte ist endlich die Frage der täglichen
Dauer der Sitzungen entschieden und soll täglich Vor= und Nachmittags
Sitzung gehalten werden. Die beiden Linken beharren indeß trotzdem
auf ihrem Entschluß, die Wahlgesetznovelle todtreden zu wollen.
Die Motive der Linken sind Übrigens nicht ganz unstichhaltig. Die Gründe,
warum sie dem neuen Wahlgesetz so heftig opponirt, sind einmal die Erhöhung
des Census gegenüber dem durch das 1848er Wahlgesetz normirten — eine
Erhöhung, die indeß geringfügig ist und zum größten Theil daher rührt, daß
der neue Entwurf die Steuer und nicht den Besitz oder das Einkommen als
Criterium der Wahlfähigkeit annimmt — und in zweiter Linie der Umstand,