272 Gesterreich-Angarn.
15. Juni. (Ungarn.) Durch ein kaiserliches Manifest an die Gränzer,
welches mit dem Dank für die bisher jederzeit bewiesene Treue den
Ausdruck der Ueberzeugung verbindet, daß diese Treue sich auch in
den neuen Verhältnissen bewähren werde, erfolgt die Provinzialisirung
(vom 1. Nov. 1872 an) eines weiteren Theiles der Militärgränze
und die Auflösung der drei banatischen (deutsch-, rumänisch= und ser-
bisch-Banater) Gränzregimenter und des Tittler Gränzbataillons.
17. „ (Oesterreich.) Neichsrath, Abg.-Haus; nimmt die Novelle zum
Landwehrgesetz an, lehnt indeß die darin geforderten Cavallerie-Instruk-
tions-Cadres ab.
19. „ (Oesterreich.) Reichsrath, Abg.-Haus: Antwort des Minister-
präsidenten auf eine Interpellation der Polen bez. des Standes der
galizischen Ausgleichsfrage:
„Zum Zwecke der Beantwortung dieser Interpellation glaubt die Regierung
vor allem einen Rückblick auf den Gang der Verhandlungen über die in Rede
stehende Angelegenheit werfen zu sollen. Die Regierung ist von ihrem Amts-
antritt an, in loyaler Erfüllung der in der allerh. Thronrede ausgesprochenen
Absicht, für eine mit den Interessen des Gesammtstaates verträgliche Verstän-
digung offen und entschieden eingetreten, sie hat bis zur Stunde ihr Ver-
mittleramt nicht aufsgegeben. Nunmehr sind die Berathungen des Verfassungs-
Ausschusses über die galizische Resolution mit Ausnahme des mit der Wahl-
reform in innerem Zusammenhange stehenden ersten Punktes zum Abschlusse
gelangt, und ist das Elaborat des Verfassungs-Ausschusses zur Vollberathung
im Reichsrathe bereit geworden. Zunächst wird es also erforderlich sein, dem
Reichsrath und der Regierung die beruhigende Ueberzeugung zu verschaffen,
daß durch die Gewährung der beantragten Zugeständnisse die galizische Reso-
lution definitiv erledigt und hiemit diese Angelegenheit, der Absicht und den
Worten der allerh. Thronrede gemäß, endgiltig zum Abschlusse gebracht wird.
Weder die bevorstehende Vertagung des Reichsrathes, noch die bisher von der
Regierung beobachtete Haltung vermögen somit irgendwie einen Anhaltspunkt
zu bieten für die „mannigfachen Deutungen und ernsten Besorgnisse“, auf welche
die Interpellanten hinweisen.“
Das Haus verwirft nach dem Antrage seines Ausschusses die sofortige
Aufhebung des Zeitungsstempels, beschließt dagegen diejenige der als
„ungerecht“ bezeichneten Inseratensteuer vom 1. Januar 1873 ab.
Wahl der Delegationsmitglieder.
Auch das sog. „Streichquarkrtt“, die Abgg. Rechbauer, Demel, Groß und
Figuly, befindet sich wieder unter den Gewählten. Es sind dieß die zähen
Hauptopponenten des Hauses gegen jede Erhöhung des Militärbudgets. Wirk-
lich will man auch bereits wissen, daß das Reichskriegsministerium von den
Delegationen eine sehr starke Erhöhung des Militäretats fordern werde.
22. „ (Oesterreich.) Der Kaiser enthebt den Erzh. Wilhelm von der
Stelle eines Obercommandanten der Landwehr und ernennt den Erzh.
Rainer zu seinem Nachfolger.
3. Juli. (Oesterreich: Krain.) Der bisherige Landespräsident Wurzbach
v. Tannenberg wird durch den (entschieden verfassungstreuen) Grafen
Alex. Auersperg ersetzt.