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Oesterreich-Angarn.
zu stellen sei Aufgabe des Staates. Wohl könnte man sagen: das sind All-
tagsaufgaben, die der Ambilion eines Ministers nicht genügen können. Redner
halte dieß aber für eine Aufgabe, die, wenn sie glücklich gelöst werde, auch
der höchsten Ambition eines Ministers genügen müsse. Der Minister verwahrt
sich jedoch gegen ein etwaiges Mißverständniß bei dieser Versicherung. Die
Aufstellung des Programmes an sich sei wohl leicht, dessen Durchführung
aber etwas schwieriger. Die letztere sei bedingt durch das Vertrauen in die
Tendenzen des Staates und in das Gefühl seiner Kraft. Um das Endziel
in Wirklichkeit zu erreichen, seien zwei Dinge nothwendig: man müsse die
Ueberzeugung beibringen, daß man als Freund verläßlich und als Feind ge-
sährlich sein könne. Das erstere sei die Aufgabe des Ministers des Aeußern,
das zweile jene der Delegationen, derjenigen, welche die Opfer zu bringen
haben. (Beifall.) Was die specielle Frage über die Beziehungen Oesterreich-
Ungarns zu anderen Staaten betreffe, so wolle Redner, obwohl er bei der
Presse in dem Renommée stehe, zu großes Gewicht auf die Bewahrung des
Geheimnisses zu legen, doch erklären, daß er durchaus keinen Glauben an die
Wirkung der Geheimhaltung habe, indem er der Ueberzeugung sei, daß eine
Politik, deren Endzwecke geheimgehalten werden müssen, oft des Geheimnisses
kaum werth sei. (Beifall.) Was nun die concrete Frage anbelange, ob Ab-
machungen und welcherlei Art bei der Monarchen-Zusammenkunft in Berlin
zu Stande gekommen seien, so erklärt der Minister, daß es gar nie in der
Absicht der Zusammenkunft gelegen, politische Abmachungen zu treffen, sondern,
daß die Absicht Sr. Majestät lediglich dahin ging, den aufrichtigen guten Be-
ziehungen zu dem neu constituirten Deutschland durch den Besuch in Berlin
einen klaren Ausdruck zu geben. Abmachungen hätten daher keine stattgefun-
den, wohl aber hätten die Minister ihre Anschauungen gegenseitig ausgetauscht,
und es könne constatirt werden, daß dieser Meinungsaustausch in beiden Rich-
tungen ein vollkommen befriedigender sei. An der Aufrichtigkeit des Wunsches
nach Erhaltung des Friedens könne in keiner Richtung hin ein Zweifel auf-
kommen. Wie allgemein bekannt, habe er bei seinem Amtsantritte eine gewisse
undefinirbare Spannung in dem Verhältnisse zu Rußland vorgefunden. Der
Meinungsaustausch in Berlin habe auch hiefür Beruhigung und namentlich
die erfreuliche Wahrnehmung geboten, daß gewisse panflovistische Tendenzen,
die es sich fortwährend zur Aufgabe machten, die beiden Staaten mit einander
in Gegensatz zu bringen, in den maßgebenden Kreisen des großen Nachbarreiches
keine Unterstützung finden, so daß bei vertrauensvoller Abwägung der gegenseiti-
gen Interessen auch die gegenseitige Auffassung eine Vertrauen erregende genannt
werden könne. Was Italien anbelange, so lege er auf die freundschaftlichsten
Beziehungen zu diesem Staate den größten Werth. Dieselben seien uns vollkom-
men erhalten und bestehen gegenseitig in vollem Maße. Der einzige schwierige
Punkt dieser Beziehungen wäre das Verhältniß der römischen Curie zur ita-
lienischen Regierung. Hier war die österreichisch-ungarische Regierung bemüht,
durch vollkommene Offenheit und Darlegung ihrer wirklich aufrichtigen Ge-
sinnungen ihre Ansichten annehmbar zu machen, ohne dem berechtigten Na-
tionalgefühle nahezutreten. Die Regierung habe die ganz gleiche und offensle
Sprache nach beiden Seiten hin geführt, weil ihr Auftreten nur in dieser
Art ein für beide Theile nützliches Resultat in Aussicht stellen konnte; sie
habe hiebei Alles vermieden, was als ein von Außen kommender Druck dem
Nationalgefühle berechtigten Anstoß hätte bieten und das zu erreichende Ziel
zur Verständigung zwischen beiden Theilen erschweren können. Er (Redner)
könne nur constatiren, daß diese Sprache von Seite der italienischen Regie-
gierung vollem Verständnisse und aufrichtiger Würdigung begegnet sei. Ueber
die Beziehungen zur Türkei. äußerte sich der Minister im Wesentlichen
dahin, daß er dieselben nur als die besten bezeichnen könne. Die von Oester-
reich-Ungarn befolgte Politik sei dem Oriente gegenüber eine traditionelle, von
der abzuweichen umsoweniger ein Grund vorliege, als sie den Vortheil der