Spanien. 303
Nocedal, Vildosola, Tamayo und Vicente de la Hoz ermahnt die
Wähler, an den Urnen zu erscheinen, um die Regierung zu stürzen
und damit den Boden für die Errichtung des „reinen“ spanischen
Königthums frei zu machen. Bezeichnend schließt der Aufruf mit den
Worten: „Der Herzog von Madrid (der Prätendent Karl VII.) hat
gesprochen. Karlisten an die Urnen; später, wohin Gott uns ruft!“
— März. In Madrid bestehen z. Z. nicht weniger als 7 protestantische
Capellen mit mehr als 2000 eingeschriebenen Mitgliedern.
„ Durch die Spalkung der früher einigen progressistischen Partei in
Sagastiner und Zorillisten hat diese an Ansehen und Einfluß gewaltig
eingebüßt zum Vortheil der Republikaner einerseits, der Carlisten an-
derseits. Die Blätter constatiren namentlich das gewaltige Anwachsen
der letzteren.
2. April. Allgemeine Corteswahlen. Das offizielle Resultat ergibt für
14.
15.
die Deputirtenkammer 229 Ministerielle (Sagastiner und Unionisten)
137 Oppositionelle (Nepublikaner und Carlisten) und 18 Zweifelhafte
(worunter 10 Alphonsisten), für den Senat 114 Ministerielle und
39 Oppositionelle.
„ Es wird eine carlistische Schilderhebung erwartet. Die Regierung
beschließt deßhalb alle beurlaubten Unteroffiziere und Soldaten sofort
einzuberufen.
„ Die Schilderhebung der carlistischen Partei steht wirklich bevor.
Der Prätendent Carl VII. (Herzog von Madrid) erläßt durch seinen
Secretär Don Emilio de Arjona als „Befehl“ an die „katholisch-mo-
narchische Centraljunta“ in Madrid (s. 11. März) folgendes Manifest:
„An Se. Exz. Don Candido Nocedal, Vicepräsidenten der Centraljunta.
Exzellenz! Der Herzog von Madrid hat zu beschließen geruht, daß die car-
listische Minderheit keinen Sitz im Congreß einnehme. Die große National=
partei hat sich an den Wahlurnen gezeigt, indem sie eine gesetzliche Form an-
nahm, welche ihre Principien verwerfen, um auf dem von ihren Gegnern
selbst gewählten Boden zu kämpfen. Die Ergebnisse haben bewiesen, daß die
lächerliche Comödie des Liberalismus einzig und allein dazu dient, die natio-
nale Meinung zu fälschen, die Rechte, welche er selbst verkündet hat, nichtig
zu machen, die Lüge ins Parlament, die Trauer in den Schoß der Familien
zu tragen. Der Herzog von Madrid protestirt Angesichts solcher Unordnungen
heute vor dem Lande, indem er seine Vertreter abberuft; morgen wird er auf
dem Boden protestiren, welchen ihm das unterdrlckte Vaterland und die Sehn-
sucht seines spanischen Herzens zeigen. Der Herzog von Madrid will auch,
daß ganz Europa die Gründe kenne, welche seine Haltung rechtfertigen, damit
die öffentliche Meinung bei Beurtheilung der Ereignisse in Spanien nicht fehl-
greise. Die carlistische Partei, welche die große Mehrheit der Spanier dar-
stellt, weist offen, wie ihre Grundsätze es exheischen, die Kunstgriffe der Libe-
ralen, der Vorhut des Petroleums und der gesellschaftlichen Auflösung, zu-
rück. Der Herzog von Madrid wünschte um jeden Preis den ersten Flinten-
schuß zu vermeiden, der nicht nur spanisches Blut vergießen, sondern vielleicht
das Signal zu ernsten Verwicklungen in Europa geben wird. Er mußte den
Kampf auf dem Boden selbst annehmen, auf welchem seine Feinde den Kampf
wollten. Die carlistische Partei, gehorsam dem Wort ihres Königs stellte sich