Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dreizehnter Jahrgang. 1872. (13)

346 
England. 
berücksichtigen könnten, weil solche mit dem internationalen Recht unverträg- 
lich wären, worauf sich, momentan wenigstens, alles diesseits und jenseits des 
Occans in Wohlgefallen und Brudergefühle auflöste und die Alabama-Ver- 
handlungen, welche das Ministerium Gladstone so oft gefährdeten, sich schließ- 
lich als sein Rettungsanker erwiesen. 
15. Aug. Unruhen in Belfast, indem die protestantischen Orangisten die 
römisch-katholische Procession aufhalten und angreifen, obgleich jene am 
15. Juli und 12. August ihre Demonstrationen ohne Unterbrechung 
hatten halten können. Der Aufruhr beschränkt sich übrigens auf die 
niedrigsten Volksklassen, doch müssen in Eile herbeigezogene Truppen 
die Masse mit Gewalt darniederhalten. 
15. Sept. Das Genfer Schiedsgericht über die Alabamafrage, das am 6. 
d. M. seine Arbeiten beendigt hat, verkündet seinen Urtheilsspruch bez. 
der direkten Schadensersatzansprüche Amerika's: 
Derselbe lautet nach den einleitenden persönlichen und sachlichen Legitima- 
tionen: „... Das Schiedsgericht, gestützt auf Art. 6 u. 7 des Schiedsvertrages 
von Washington: In Betracht: daß die Schiedsrichter nach Art. 6 des Ver- 
trages sich bei Beurtheilung der ihnen vorgelegten Fragen an die drei im Ver- 
trage aufgestellten Regeln und an diejenigen Grundsätze des Völkerrechts zu hal- 
ten haben, welche, ohne mit diesen Regeln im Widersprüche zu stehen, von den 
Richtern als auf den Fall anwendbar anerkannt worden sind; In Betracht: 
daß die „nöthige Sorgfalt“, von welcher in der ersten und dritten der ge- 
nannten Regeln die Rede ist, von den neutralen Regierungen im genauen 
Verhältniß zu den Gefahren angewendet werden muß, welche für den einen 
oder andern der kriegführenden Theile aus der mangelhaften Beobachtung der 
Neutralitätspflicht von ihrer Seite entstehen können; In Betracht: daß die 
Umstände, unter welchen die Verhältnisse, die den Thatbestand des Streitfalles 
bilden, sich ergaben, derart waren, daß sie die ganze Sorgfalt Ihrer britischen 
Majestät betreffend die Anwendung der von der Königin am 13. Mai 1861 
proklamirten Rechte und Pflichten der Neutralität in Anspruch nehmen mußten; 
In Betracht: daß die Folgen der Verletzung der Neutralität, begangen durch 
die Erbauung, Bemannung und militärische Ausrüstung eines Schiffes, nicht 
aufgehoben werden können mittelst irgend einer Vollmacht, die die Regierung, 
welche aus der Neutralitätsverletzung Nutzen zieht, nachträglich dem Schiff er- 
theilt: daß der letzte Schritt, mit welchem das Vergehen erfüllt wird, unmög- 
lich als ein Grund für die Absolution des Schuldigen gelten und die Confu- 
mation der Verletzung nicht das Mittel sein kann, den Urheber der Verletzung 
von Schuld zu reinigen; In Betracht: daß das Vorrecht der Exterritoria- 
lität der Kriegsschiffe nicht als absolutes Necht in das Völkerrecht ausgenom- 
men worden ist, sondern vielmehr nur als Zugeständniß des höflichen Verkehrs 
und des gegenseitigen Zuvorkommens unter den verschiedenen Natienen und 
deßhalb nicht zur Rechtfertigung neutralitätswidriger Handlungen angerufen 
werden kann; In Betracht: daß der Umstand, daß die neutrale Regierung 
nicht vorher aufmerksam gemacht worden ist, nicht als ein Versehen gegen 
die völkerrechtliche Uebung gelten kann in solchen Fällen, in welchen das Schiff 
seine Verurtheilung selbst mit sich führt; In Betracht: daß nun der Ver- 
proviantirung mit Kohlen eine der zweiten Vertragsregel, nach welcher neutrale 
Häfen oder Gewässer nicht als Basis für die Seeoperationen eines der krieg- 
führenden Theile benützt werden dürfen, widersprechende Natur zu verleihen, 
die Verproviantirung unter besondern Verumständungen nach Zeit, Ort oder 
Personen, die dieser Natur entsprechen, vor sich gegangen sein muß; Mit 
Rücksicht darauf, was das Schiff „Alabama“ betrifft, daß sich aus allen 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.