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Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder.
ihr Oberhaupt? die kirchentreuen Katholiken? haben es wir gethan oder an-
dere? Ich kenne Ihre Manöver und bin der Ueberzeugung, Sie glauben in
Ihrem innersten Herzen an die Staatsgefährlichkeit selber nicht. Auch 1848
war ein großer Sturm im Werke; damals warf man der Kirche vor, durch
ihre Lehre vom unbedingten Gehorsam knechte sie die Völker. Jetzt macht
man ihr den entgegengesetzten Vorwurf der Staatsauflösung, jetzt ist, um mit
der Fabel zu sprechen, der Fuchs des Nationalliberalismus in die Kutte ge-
krochen und auf's Predigen gegangen. (Sehr gut! rechts, Heiterkeit links.)
Um das Schicksal der andächtigen Zuhörer habe ich mich nicht zu kümmern,
aber ich glaube, wir dürfen es nicht dulden, daß die Staatsregierung mitthut,
Seitdem der Hr. Cultusminister im Reichstage zu Berlin, vielleicht im Mo-
mente der Verlegenheit, zugestanden hat, daß er seine kirchenrechtlichen Studien
unter der Leitung Döllinger's betreibe, kam mir der Gedanke, die Bewegung
könnte einen geheimen Nath im Scheße der Staatsregierung haben. Aus
dem stenographischen Vericht über die Altkatholikenversammlung habe ich ent-
nommen, „daß ein sehr hochgestellter Mann den Rath gegeben habe, die Alt-
katholiken sollten nur fleißig die Kirchen besuchen, um zu erkennen zu geben,
daß sie auf das Recht, Katholiken zu sein, nicht verzichtet hätten“. Ich kann
dem Hrn. Dr. Völk das Zeugniß nicht versagen, daß er damals in der Sache
einen offenen, ehrlichen Standpunkt eingenommen hat, der noch am ehesten
den Frieden, im Staate wenigstens, herbeigeführt hätte. Hr. Dr. Völk hat
nämlich mit deutlichen Worten gesagt: Nachdem nun durch die vorangegangene
Manifestation jeder Einzelne aus der Kirche heraustritt, so versteht sich mein
Antrag von selbst, daß eine neue Gemeinde an die Stelle der alten gesetzt
werde. Dieser offene Rath hat aber dem Hrn. v. Döllinger und dem geheimen
Rathe im Schoße der k. Staatsregierung nicht gefallen, und warum nicht? Hr.
v. Döllingir hat wiederholt gesagt: Wenn ihr über die Grenzen des Noth-
standes hinausgeht, werden wir nicht mehr für Katholiken angesehen, sondern
als Härctiker. Die Herren wollten den Völk'schen Antrag nicht annehmen,
weil es dann der Staatsregierung schwer, ja unmöglich geworden wäre, der
katholischen Kirche ihre garantirten Rechte ferner zu verweigern. Sie hätte
dann die neue Gemeinde als neue, sich bildende Religionsgesellschaft zu be-
handeln gehabt. Wenn der Hr. Cultusminister am Schlusse seiner Interpel-
lationsbeantwortung gesagt hat, er werde die Hand bieten zu Gesetzen, welche
das Verhältniß zwischen Kirche und Staat regelten, so glaube ich, daß diese
Hände nicht die rechten sind; wir müßten jedenfalls andere Hände haben, diese
sind nicht mehr frei, sondern gebunden, sie sind nicht mehr rein, sondern haben
sich schon einmal compromittirt.“ (Bravo! rechts, Oho! links.) Ihm ant-
wortet Prof. Sepp, dem als einem eifrigen Katholiken man es anhört, wie
schwer es ihm wird, gegen seine bisherigen Freunde zu sprechen. „Wer immer,
meint er, den Wind gesäet hat, der Sturm ist da, der Hauptsturm wird aber
noch nachkommen: vielfach ist nach den fortwährenden Hetzereien der Presse
auf beiden Seiten der Familienfriede gestört, und dafür bietet man heute
einen Sturm im Glase Wasser. (Gelächter.) Man bietet uns heute die Rolle
des heil. Florian, nachdem man den Brand hineingeschleppt hat; man bictet
uns den gefährlichsten Kirchenstreit unter dem ungefährlichen Silhouette eines
Meringer Kirchenstreits. Das letzte Concil hatte außer allem Zweifel den
Zweck, das Concil von Constanz todt zu machen, Unterziehen wir doch das-
selbe einer kurzen Betrachtung. Es waren ca. 500 Bischöfe in partibus dort-
selbst, Bischöfe, die keine Diöcese haben, gleichsam Bischöfe à la suite (Heiter-
keit), die gleich anderen Bischöfen mit sehr bedeutenden Diöcesen über das be-
kannte Dogma gleichberechtigt abstimmten. Es ist, mit einem Worte, das
ganze allgemeine Concil in seiner hier bezüglichen Abstimmung eine göttliche
Ironie und heißt nichts anderes, als dem heil. Geiste die Arbeit erleichtern !
(Heiterkeit.) Der Minister hätte, als die Bischöfe vom Concil zurückkamen,
an jeden derselben einen Abgesandten schicken sollen behufs Einholung einer