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Polland.
und namentlich die Einführung der allgemeinen Dienstpflicht zu beantragen —
ein beträchtlicher Theil der gesetzgebenden Versammlung, namentlich der par-
lamentarischen Linken, zeigt sich aber wenig geneigt, sich mit diesen Versprech-
ungen zufrieden zu geben. Ihrer Ansicht nach müssen dem. Kriegsminister,
so lange derselbe seine jetzige Planlosigkeit zeige, selbst die nöthigen Mittel zur
weiteren Verbesserung der bestehenden Festungen, über deren fernere Aufrecht-
erhaltung keine Meinungsverschiedenheit obwaltet, vorenthalten werden. Die
Mehrheit tritt aber dieser Ansicht nicht bei, indem sie eine beantragte Herab-
setzung der Etatsvorlage mit 47 gegen 31 Stimmen verwirft und schließlich
den Gesetzentwurf ohne Aenderung bestätigt.
20. Dec. II. Kammer: genehmigt das Finanzbudget für 1873 mit 54
gegen 13 Stimmen.
Die Debatte bietet einiges Interesse hinsichtlich der Grenze der durch die
Regierung angestrebten Scheidung zwischen Kirche und Staat. Der Finanz-
minister meint nämlich: die betreffende Scheidung implieire folgerecht die Auf-
hebung der bis jetzt auf die Etatsvorlage gebrachten Summe zur Deckung
der Gehalte neuangestellter Geistlichen, resp. eventueller Erhöhung ihrer Be-
soldung. Ein Mitglied der Kammer beantragt aber die Wiederaufführung
des betreffenden Artikels, und dieser Antrag wird schließlich, trotz der wieder-
holten Bekämpfung des Finanzministers von Delden, mit 42 gegen 30 Stim-
men genehmigt. Die Versuche, den Minister zu veranlassen, sich hinsichtlich
seiner Plane mit Bezug auf die Reorganisation des Steuerwesens zu erklären,
bleiben erfolglos, da derselbe ausdrücklich erklärt, die betreffende Frage einer
gründlichen Untersuchung unterziehen und sich bis dahin jede Mittheilung über
seine Ansichten vorbehalten zu wollen.