Das deutsche Reich und seine einselnen Glieder. (Juni 30. — Inli 2.) 149
und der Kern der Bürgerschaft in dem großen Kampfe gegen die erneuerten
Ansprüche Roms entschieden auf Seite der Regierung stehen. Es ist das na-
mentlich auch das Urtheil der unbefangenen Blätter des Auslandes.
26. Juni. (Preußen.) In dem gegen die sämmtlichen ka-
tholischen Vereine Berlins von der Regierung in Folge des Atten-
tats Kullmann gegen den Reichskanzler eingeleiteten Prozesse wird
vom Berliner Stadtgerichte nur einer verurtheilt, die andern werden
freigesprochen.
28. Juni. (Deutsches Reich.) Der Kronprinz des deutschen
Reichs und von Preußen hält in Swinemünde eine große Flotten-
revue ab. Diefelbe zeigt den auch vom Auslande zugestandenen ge-
waltigen Fortschritt, den die Entwicklung der deutschen Flotte, na-
mentlich auch unter der Leitung des (Marineministers) General von
Stosch, in letzter Zeit gemacht hat und fortwährend macht.
28. Juni. (Preußen.) Ein in Köln, offenbar als Gegen-
demonstration gegen die neuliche Ovation für den Cultusminister und
die Regierung in ihrem Kampfe wider Rom, beabsichtigter Fackelzug
zu Ehren des Erzbischofs wird von der Regierung verboten.
30. Juni. (Preußen). Die Regierung befiehlt den Behörden
die Geheimhaltung der Namen derjenigen Pfarrer, welche, um den
Folgen des Sperrgesetzes zu entgehen, ihre Unterwerfung unter die
Staatsgesetze erklären.
1. Juli. (Preußen.) Das sog. Sperrgesetz gegen die Staats-
zuschüsse an die katholische Kirche findet nunmehr durchweg seine
Anwendung. Die an diesem Tage fälligen Gehaltsraten der Bi-
schöfe, Domcapitel, Pfarrer 2c. werden nicht ausbezahlt, außer wo
der Betreffende seine Unterwerfung unter die Staatsgesetze erklärt.
Die Zahl solcher soll sich allmälig mehren; öffentlich genannt aber
werden ihrer verhältnißmäßig nur wenige.
1. Juli. (Hessen.) Die Kreisämter werden von der Regie-
rung angewiesen, keinen katholischen Pfarrer in die mit der Pfarrei
verbundenen Beneficien einzuweisen, der nicht allen Forderungen der
neuen Kirchengesetze genügt hätte.
2. Juli. (Deutsches Reich.) Der Kronprinz begibt sich zum
feierlichen Leichenbegängniß des verstorbenen Kaisers Ferdinand nach
Wien, wo er mit dem Großfürsten Thronfolger von Rußland und
dem Kronprinzen von Italien zusammentrifft. Das Leichenbegäng-
niß gestaltet sich dadurch zu einer Art neuer Bestätigung des Drei-
kaiserbündnisses.