64 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Febr. 24 -25.)
Kirche in den zur Abhaltung des Hauptgottesdienstes herkömmlich bestimmten
Stunden, bei mehreren Kirchen der Gebrauch der Hauptkirche zu. — § 3.
Tritt ein Pfründen-Inhaber der altkatholischen Gemeinschaft bei, so bleibt er
im Besitz und Genuß der Pfründe. Bei Erledigung der Pfründe wird die-
selbe im Fall des § 2 der altkatholischen Gemeinschaft überwiesen. Sind
mehrere Pfründen vorhanden, so kann bei deren Erledigung eine dem Zahlen-
verhälinisse beider Theile entsprechende Genußtheilung vorher bestimmter Pfrün-
den verfügt werden. — § 4. An dem übrigen zu kirchlichen Zwecken be-
stimmten Vermögen wird der altkatholischen Gemeinschaft ensprechend dem
Zahlenverhältniß beider Theile der Mitgenuß eingeräumt. Bildet die alt-
katholische Gemeinschaft eine Parochie und ist derselben die Mehrheit der
Gemeindemitglieder beigetreten, so kann die Einräumung des vollen Genusses
an die Gemeinschaft verfügt werden. In diesem Falle steht ihr auch die Ver-
waltung des Vermögens zu. — § 5. Was in den §§ 1 — 4 von den alt-
katholischen Gemeinschaften bestimmt ist findet sowohl auf die altkatholischen
Parochien, als auch auf die zu gottesdienstlichen Zwecken gebildeten altkatho-
lischen Vereine Anwendung, sofern dieselben von der Staatsbehörde als
kirchlich organisirt anerkannt worden find. — § 6. Ueber die Anerkennung
der altkatholischen Vereine, sowie über die Art, den Umfang und die Aus-
übung der den altkatholischen Gemeinschaften nach den §§ 2—5 zustehenden
Rechte entscheidet der Ober-Präsident. Gegen die Entscheidung der Ober-
Präsidenten steht die Berufung an den Minister der geistlichen Angelegen-
heiten offen. Die Entscheidungen sind im Verwaltungswege vollstreckbar. —
§. 7. In den Eigenthumsverhältnissen des kirchlichen Vermögens tritt durch
dieses Gesetz seine Aenderung ein. — § 8. Gemeindemitglieder im Sinne
dieses Gesetzes sind alle männlichen volljährigen, selbstständigen Katholiken,
welche in der katholischen Kirchengemeinde wohnen. Selbstständig sind die-
jenigen, welche einen eigenen Hausstand haben oder ein öffenlliches Amt
bekleiden, oder ein eigenes Geschäft, oder als Mitglied einer Familie deren
Geschäft führen und weder unter Vormundschaft noch unter Curatel stehen. —
§ 9 . Der Minister der geistlichen Angelegenheiten ist mit der Ausführung
des Gesetzes beauftragt.
Fortsetzung der Berathung des Budgets: die Sitzung ist ihrem
ganzen Verlaufe nach geeignet, in dem Minister des Innern die
Anschauung zu erwecken, daß er wenigstens momentan eine nachdrück-
liche liberale Opposition eigentlich nicht mehr zu bekämpfen habe:
nur das ultramontane Centrum stellt die Oppositionsredner. Selbst
der so viel bekämpfte Reptilienfonds bleibt gesichert, obgleich er aus
Anlaß der Position „geheime Fonds der Polizeiverwaltung“ lebhaft
zur Sprache kommt.
24. Februar. (Preußen.) Der Weihbischof von Posen, Ja-
nizewski, vom Oberpräsidenten aus Posen ausgewiesen, erklärt nur
der Gewalt weichen zu wollen, worauf er aufgegriffen, in einem ver-
schlossenen Wagen ohne Aufsehen zur Eisenbahn gebracht und von
einem Commissär nach Berlin begleitet wird, wo er auf freien Fuß
gesetzt wird.
25. Februar. (Deutsches Reich.) Bundesrath: genehmigt
einen vom Reichstage auf Antrag des Abg. Buhl beschlossenen Antrag