246 Bie Gekerreichisch--Azarische Mssarhie. (Mai 9—15.)
der liberalen Partei die einzelnen Punkte des neuen Ausgleichs-
vertragsprojectes
und hebt hervor, daß sich aus demselben für Ungarn eine jährliche
Mehreinnahme von 4—5 Millionen ergebe, sowie daß die Lösung der Bank-
frage befriedigend sei. Es könne hier weder von einem Siege noch einer
Niederlage die Rede sein, sondern es liege ein Compromiß vor. Besseres
sei gegenwärtig nicht zu erreichen gewchen. Jokay fordert die Abgeord-
neten der liberalen Partei auf, bei der Enischeidung über den neu abge-
schlossenen Ausgleich sich offen und unzweideutig pro oder contra zu erklä-
ren, da weder die Negierung noch die liberale Pirei sich bei der Abstim-
mung mit einer kleinen Mehrheit unter Fernhaltung der eigenen Partei-
genossen genügen lassen dürften; er selbst nehme den Ausgleich an, da Nie-
mand eitwas Besseres erzielen könnte.
0D. Mai. Da der Vorschlag Andrassy's zu Lösung der Wir-
ren in der Türkei in der von allen Großmächten gebilligten
und unterstützten Note vom Ende December 1875, resb. Ende
Januar 1876 zu keinem Ziele geführt hat, so soll ein neuer Schritt
zunächst wieder der drei Ostmächte gelegentlich der Durchreise des
Kaisers Alexander durch Berlin vereinbart werden. Andrassy geht
zu diesem Zwecke nach Berlin ab.
11.—13. Mai. Berliner Conferenz der drei Ostmächte Üüber
einen weiteren Schritt behufs Lösung der Wirren in der Türrkei.
Ein solcher wird in Form eines Memorandums beschlossen. Ruß-
land tritt statt Oesterreichs in den Vordergrund der Action gegen-
über der Türkei. (Vgl. unter Türkei.)
11. Mai. (Ungarn.) Unterhaus: Tisza gibt demselben
eine Darlegung der vereinbarten Grundlagen des neuen Ausgleichs
mit der andern Reichshälfte. Die Opposition spricht dagegen, stellt
aber keinen förmlichen Antrag. Die Darlegung Tisza's wird da-
her einstimmig vom Hause „zur Kenntniß genommen“. d. h. das
Haus erklärt sich vorerst weder für noch gegen die getroffene Verein-
barung, bis die Unterhandlung völlig abgeschlossen und ihm der
neue Ausgleichsvertrag in aller Form vorliegen werde.
15. Mai. Eröffnung der beiden Delegationen in Pesth. Die
gemeinsame Regierung legt denselben das gemeinsame Budget für
1877 vor, in dem sich auch ein nicht ganz unansehnlicher Posten
für den Unterhalt der Flüchtlinge aus der Herzegowina und Bosnien
befindet. Ansprache (Thronrede) des Kaisers bei Empfang jeder der
beiden Delegationen:
„nDie Verficherungen treuer Ergebenheit, welche Sie soeben an Mich
gerichtet haben, erfüllen Mich mit aufrichtiger Erugthuunz. Die Ereig-
nisse im Orient haben, wie bei den befreundeten Herrschern der beiden gro-
ßen Nachbarstaaten, so auch in Mir den Entschluß nur zu befestigen ver-