Full text: Europäischer Geschichtskalender. Siebzehnter Jahrgang. 1876. (17)

412 Bie Schwei)z. Mai 27. — Juni 7.) 
für zwei öffentliche Promenaden, 240,000 Fr. für ein Rathhaus, 
275,000 Fr. für einen Friedhof und 2,000,000 Fr. wurden dauernd 
bei Banken angelegt. 
27. Mai. Die deutsche Regierung hält bezüglich der critischen 
Lage des Gotthardunternehmens zurück, indem sie auf die Einladung 
des Bundesraths zu einer neuen internationalen Conferenz aus- 
weichend antwortet, sie verzichte ihrerseits auf Vertretung und ver- 
lasse sich bezüglich Wahrung der allseitigen Interessen mit voller 
Beruhigung auf den schweizerischen Bundesrath. Deutschland hat 
offenbar wenig Lust, seine Subvention zu erhöhen und Italien noch 
viel weniger. 
5. Juni. Eröffnung der Session beider Räthe der Bundes- 
versammlung. 
7. Juni. Die christkatholische Nationalsynode der Schweiz 
tritt in Olten zusammen, wählt den Pfarrer und Professor Herzog 
in Bern zum Bischof und faßt eine Reihe kirchlicher Reformbeschlüsse. 
Bezüglich des Bußsacraments wird beschlossen: a. Die erst um 
Jahre 1216 von ver abendländischen vierten Lateranischen Synode einge- 
führte Verpflichtung, wenigstens einmal im Jahre zu beichten, wird nicht 
als verbindlich anerkannt. b. Jeder hat nach gewaissenhafter Selbstprüsung 
darüber zu entscheiden, ob für ihn der EInpfang des Bußsacraments vor der 
Kommunion nothwendig oder rathsam sei. c. An Stelle der vor Austhei- 
lung der Communion bisher üblichen lateinischen Gebete („Contiteor“ und 
„Jiserentur“) hat vor einer gemeinsamen Communionsfeier eine allgemeine 
Bußandacht zu treten, bestehend in der Gewissenserforschung, dem Reuegebet 
und dem Lossprechungsgebet. Bezüglich des Cölibats wird folgender Be- 
schluß gesaßt: „Die Fähigkeit zur Bekleidung geistlicher Amtsstellen ist nicht 
davon abhängig. ob der beiressende Priester verheirathet oder unverheirathet 
ist."“ Mit Bezug auf die Unionsbestrebungen in Deutschland wird 
beschlossen: „Die ctionallynode der christlich-katholischen Kirche der Schweig 
erklärt: sie begrüßt die Bestrebungen der altkatholischen Kirche in Deutsch- 
land, eine Einigung mit den vrotestantischen. griechischen und anglikanischen 
Kirchen herbeizuführen als ein großes, bereils vom Stifter der christlichen 
Religion Vokausgesogtes, mithin im Willen der göttlichen Vorsehung ge- 
legenes Werk und wird n Kräften für dessen Förderung und Vollendung 
ebenfalls einstehen; nli anerlennt, um diese Einigung practisch und in Ueber- 
einstimmung mit den Principien der ungetheilten Kirche zu fördern, als 
einzigen Herrn der Kirche nur Jesus Christus, unter dem sie sich in Ver- 
bindung mit ihrem Episcopat, Priesterthum und Diaconat autonom regiert, 
als öcumenische d. h. allgemeine Concilien nur jene sieben und auch diese 
in ihrem unverfälschten Texte, welche als solche von der ungetheilten Kirche 
des Morgen= und Abendlandes angenommen sind, als katholische Moral nur 
die Moral des Evangeliums, wie 66% nach dem allgemeinen, beständigen und 
einstimmigen Zeugniß der christlichen Einzellirchen aufgefaßt wird, und als 
katholische Disciplin und Liturgie nur die Disciplin und Liturgie, wie sie 
allgemein in der unsetheilten Klrche geseiert wurden. Der Synodalrath ist 
beauftrogt, diese Erklärung der Synodalrepräsentanz der altkatholischen Kirche 
Deutschlands für sich und zu weitern Handen zur Kenntniß zu bringen.“
	        
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