Full text: Europäischer Geschichtskalender. Siebzehnter Jahrgang. 1876. (17)

Kutland. (Nov. 19.) 467 
sultate erzielt. Aber die ersten Ursachen des in Permanenz bestehenden und 
sich verallgemeinernden Uebels mußten unausweichlich früher oder später zu 
den Folgen führen, auf welche das kaiserliche Cabinet die Voraussicht Europas. 
seit zwanzig Jahren unghlasn Sprtenh bat. Heute ist das Zeugniß der That- 
sachen unwiderlegbar. Niemals hat sich die Diplomatie mehr mit den orien- 
talischen Fragen befaßt, —5 etn des abgelaufenen Jahres; niemals ist 
Europa davon mehr aufgeregt, mehr in seiner Ruhe, in seinen Interessen, 
in seiner Sicherheit gestört worden, als jeyt. Niemals waren die Gewalt- 
thätigkeiten, mit welchen die Türken auf seine Bemühungen zur Versöhnung 
und Beruhigung geantwortet haben, unerträglicher und in größeren Ver: 
hältnissen geübt; niemals haben sie augenfälliger die Tiefe und den unheil- 
baren Character des Uebels enthüllt, das an der Türkei zehrt und die Sicher- 
heit Europas in Gefahr bringt. Wenn die Großmächte etwas Ernstes unter- 
nehmen und sich nicht der periodischen und sich immer verschlimmernden 
Wiederkehr sibe gefährlichen Krise ausseben wollen, so ist es unmöglich, 
daß sie in dem Systeme verharren, welches die Keime dazu gdortbestehen läßt 
und ihnen gestattet, sich mit der unbeugsamen Logik der Thatsachen weiter 
zu entwickeln. Es ist nothwendig, aus diesem fehlerhaften Cirkel 
herauszukommen und zu erkennen, daß die Unabhängigkeit 
und Integrität der Türkei den durch die Humanität, die Ge- 
fühle deschristlichen Europa und die allgemeine Ruhe gefor- 
derten Garantien untergeordnet werden müssen. Die Pforte hat 
zuerst die Verpflichtungen eingeschränkt, welche sie durch den Vertrag von 
1856 gegenüber ihren christlichen Unterlhanen übernommen hat. Europa 
hat das Recht und die Pflicht, ihr die Bedingungen zu dik- 
tiren, unter denen allein es von seiner Seite der #btung 
des durch jenen Vertrag geschaffenen politischen Status quo 
zustimmen kann, und weil die Pforte unjsähig ist, diese Be- 
dangungen zu erfüllen, d dat Europa das Recht und die 
„sich an ihre Stel u setzen, insoweit als es noth- 
Esticht= ist, um die — derselben sicher zu stellen. 
Rußland kann weniger als irgend eine andere Macht sich bewogen finden, 
die Ersahrungen mit Palliativmikteln, halben Maßregeln und illusorischen 
Programmen zu erneuern, welche traurige Ergebnisse geliefert haben, die 
Allenn bekannt sind, und welche auf seine eigene Ruhe und seine innere Wohl- 
fahrt zurückwirken. Wenn aber Nußland direct und lebhafter interessirt ist, 
denselben durch ernsthafte Verbesserungen und wirksame Garantien eine Grenze 
zu setzen, so betrachtet es diese Frage darum nicht weniger als ein allgemeines 
Interesse, das den guten Willen aller Großmächte beansprucht, um friedlich 
elöst zu werden. Was die perfönlichen Anschauungen betrifft, welche die 
Versolzung dieses Zieles mit sich bringt, so ist denselben jeder exclusive 
Hintergedanke fremd; die positivsten Versicherungen sind in 8 Hinsicht 
wiederholt von dem Laiterlich Cabinet abgegeben worden. Eure Excellenz, 
wurden durch mein Schreiben vom 3. November formell beauftragt, die- 
selben dem ersten Staatssecretär Zen biischen Majestät in den bestimm- 
testen Ausbrücken zu erneuern. Se. Maj. der Kaiser #% dieselben in Livadia 
dem Lord A. Lostus unter der *½n seines fürstlichen Wortes wieder- 
holt. Das Cabinet von London wird zin dieser Hinsicht keinen Zweifel 
hegen können, und wir hoffen, daß es nicht zögern werde, die englische 
Nation durch die Veröffenllichung bes n seines Vertreters in den 
Stand zu setzen, daß sie sich die nämliche Ueberzeugung bilde. Eure Excellenz 
ist ermöchtigt, von dieser Tepesche dem Lord Derby Abschrift zu lassen. Wir 
hoffen, daß der erste Staatssecretär Ihrer brittischen Majestät in derselben 
einen Beweis unseres aufrichtigen Wunsches erblicken wird, in Uebereinstim- 
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